Die Frau, die zu sehr liebte (eBook)

Roman nach einer wahren Geschichte

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
416 Seiten
Diana Verlag
978-3-641-17373-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Frau, die zu sehr liebte -  Hera Lind
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Wenn Liebe blind macht, sind die Folgen lebenslänglich
Wie vom Blitz getroffen verliebt sich die dreifache Mutter und Arztfrau Linda in den äußerst charmanten Bankdirektor Frank. Nach heißen Liebesnächten und einem gemeinsamen Urlaub trifft sie den waghalsigen Entschluss, ihrem bisher eintönigen Leben noch einmal den entscheidenden Kick zu verleihen. Sie gibt alles auf, verliert Freunde, Familie und ihre finanzielle Sicherheit. Aber sie glaubt an die große Liebe. Doch was als perfektes Glück mit Patchworkfamilie im neuen Haus beginnt, wird mehr und mehr zu einem Albtraum, aus dem es kein Zurück mehr gibt ...

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Seit einigen Jahren schreibt sie ausschließlich Tatsachenromane, ein Genre, das zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Mit diesen Romanen erobert sie immer wieder die SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrem Mann in Salzburg, wo sie auch gemeinsam Schreibseminare geben.

1

Nebenan rief jemand meinen Namen. »Linda!«

Ich hob den Kopf und machte einen langen Hals. Im Nachbargarten hob ein dunkelhaariger Mann kopfschüttelnd einen Roller auf und lehnte ihn an die Hauswand.

»Meint der mich?«, fragte ich amüsiert.

»Bist du elf und hast Zöpfe?« Michaela grinste. »Seine kleine Tochter heißt auch Linda.«

Sie griff zu einem Glas Weißwein, das wir uns an diesem frühsommerlichen Spätnachmittag gönnten, und prostete mir zu. »Heißt du eigentlich wirklich Linda, oder ist das eine Abkürzung von Sieglinde, Gerlinde oder etwas noch Schrecklicherem?«

»Ich heiße wirklich Linda«, bemerkte ich nicht ohne Stolz. »Wenn meine Eltern auch sonst viel verkehrt gemacht haben!«

»Der passt auch echt zu dir.« Michaela sah mich anerkennend an. »Strahlend und blond, und die Kurven da, wo sie hingehören … Linda heißt ja ›die Schöne‹, oder nicht?«

»Ach komm, hör auf, dich über mich lustig zu machen!« Ich schaute verlegen zu Boden und ließ meine große Zehe mit der knallroten Sandalette spielen, die mir vom Fuß gerutscht war.

»Ich hab zehn Kilo zu viel auf den Rippen, mein Blond ist nicht echt, und strahlen tu ich nur, weil es bei dir saugemütlich ist und wir endlich mal in Ruhe quatschen können.«

Das taten wir. Ungehemmt. Über Männer, Kinder, Schwiegermütter, Sehnsüchte und Träume.

Michaela schüttelte lächelnd den Kopf und bedachte mich mit einem liebevollen Blick.

Ich mochte sie sehr, diese unkomplizierte, ausgeglichene Freundin. Wir genossen die laue Frühlingsluft im schicken Frankfurter Wohnviertel, in dem sich gepflegte Einfamilienhäuser um nette Gärten gruppierten. Überall gab es Swimmingpools, Schaukeln, Klettergerüste und große Trampolins. Michaelas Sohn Alex feierte seinen zwölften Geburtstag und tobte mit seiner Gästeschar, zu der auch meine Kinder Patti und Simon gehörten, um die Tischtennisplatte im Keller herum. Es roch nach gebratenen Würstchen, Schokoladenkuchen und feuchtem Gras. Auf der Terrasse wehten die Luftschlangen, Luftballons und bunten Girlanden um die Wette – zumindest das, was die Rasselbande davon übrig gelassen hatte.

Der Mann im Nachbargarten suchte immer noch nach seiner Tochter. »Linda!«, rief er nimmermüde. Seine Stimme war angenehm sonor.

»Sollen wir es ihm sagen?« Ich wies mit dem Kinn nach drüben.

»Nee. Dann war’s das mit unserer herrlichen Ruhe.« Michaela schloss die Augen und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen.

»Dass die Kinder sich kein bisschen um das herrliche Wetter scheren! Die kommen ja gar nicht mehr aus dem Keller!«

Ich nickte. »Die Tischtennisplatte war eine gute Investition. Ich werde Jochen bitten, dass unsere Kinder auch eine bekommen.«

Michaela warf einen Eiswürfel in ihr Glas und bot mir auch einen an.

»Her damit! Macht wenigstens nicht dick.«

»Also wirklich, Linda, ich weiß gar nicht, was mit deiner Selbstwahrnehmung nicht stimmt.« Michaela musterte mich prüfend. »Du siehst aus wie Brigitte Bardot in den besten Jahren …«

»Brigitte Bardot in den Wechseljahren?«

»… und deine Kurven sind doch sehr weiblich und sexy in diesem roten Sommerkleid!«

Ich schüttelte den Kopf. »Michaela, du bist echt süß.« Mit einem Seitenblick auf den sonoren Nachbarn senkte ich die Stimme. »Aber wenn ich weiblich und sexy bin, warum hab ich dann seit drei Jahren keinen Sex mehr?«

»Hast du nicht? Echt nicht?« Michaelas graue Augen wurden rund. Sie war eher ein unscheinbarer Typ mit ihren kurzen braunen Haaren, ihren Shorts und Turnschuhen und dem verwaschenen T-Shirt. Sie hatte fein geschnittene Gesichtszüge, wirkte immer glücklich und zufrieden und konnte wunderbar zuhören. Sie selbst führte offensichtlich eine sehr gute Ehe mit ihrem Mann Rainer, der Tierarzt war. Jedenfalls kam nichts Gegenteiliges aus ihrem Munde.

»Nee.« Ich nahm hastig einen Schluck Wein. »Toll, was?«

»Ja, aber dein Jochen …«

Ich grinste schief. »Wir leben jetzt seit knapp zwanzig Jahren zusammen und haben uns nichts mehr zu sagen.«

Michaela sah mich zweifelnd an. »Er ist so ein lieber, netter Kerl!«

Ich stellte das Glas etwas zu heftig auf den Tisch. »Und ich denk mir immer, Linda, war’s das etwa schon?«

»Ach komm, das sagt doch jede Frau mal …« Michaela legte die Hand auf meinen Arm. »Du, Lady in Red? Bei deinem Sexappeal?« Ungläubig runzelte sie die Stirn.

Ich sah Michaela stumm an, für die meine Offenbarung wohl ziemlich überraschend kam.

»Echt? Euer Liebesleben liegt total brach?« Das musste sie wohl erst mal verdauen.

Mir lag diese Tatsache ja selbst schwer im Magen. Seit wieder Sommer war, ganz besonders. Verlegen wippte ich mit dem Fuß, bis meine knallrote Sandalette in Michaelas Blumenbeet kullerte. Gereizt wippte ich weiter. Mein Zehennagellack passte farblich zu meinem Kleid und meinen Sandaletten. Soeben war ich noch bei der Pediküre gewesen, hätte meine Füße aber genauso gut in grobe Wanderstiefel oder Gesundheitslatschen zwängen können. Und die ganze Linda in einen Kartoffelsack packen. Mein Mann Jochen merkte sowieso nichts.

»Wofür mach ich das eigentlich alles?« Ich strich mein schickes Kleid glatt. »Verdammt, Michaela, ich bin jetzt Mitte vierzig, und mehr als die Hälfte meines Lebens ist vorbei.« Ich warf die Hände in die Luft und sah sie herausfordernd an. »Ich möchte mich noch einmal spüren!«

»Ach komm!« Michaela legte wieder ihre schmale kleine Hand auf meinen Arm. »So kenne ich dich ja gar nicht. Was ist denn los?« Mitfühlend sah sie mich an. »Ich hab Jochen und dich immer als sehr harmonisches Paar empfunden.«

»Nach außen hin sind wir das auch, aber letztlich …« Ich schielte über die Hecke.

»Letztlich was?«

»Nimmt er mich als Frau überhaupt nicht mehr wahr.«

»Aber Linda, er ist ein viel beschäftigter Arzt! Ich hab dich immer um ihn beneidet!«

»Echt? Ich schenk ihn dir.« Ich angelte nach meiner Sandalette und streifte sie mir wieder über den Fuß. Dabei gewährte ich dem immer noch nach seiner Tochter suchenden Nachbarn nicht ganz zufällig Einblick in mein üppiges Sommer-Dekolleté. Der Typ blieb stehen und schaute mich kurz an. Er sah wirklich gut aus. Sehr sogar. Und er nahm mich wahr. Verdammt. Das war mir schon lange nicht mehr passiert. Seit ein paar Jahren hielt ich mich für unsichtbar.

»Linda!« Er spähte ins Gesträuch. »Wo steckst du denn?«

»Hier, Süßer«, sang ich halblaut.

»Lass ihn.« Michaela beugte sich vertraulich vor. »Erzähl lieber!«

»Jochen geht morgens um halb sieben aus dem Haus und fährt in seine Praxis«, berichtete ich bereitwillig. »Dann kommt er mittags gestresst nach Hause und schlingt sein Essen herunter. Währenddessen checkt er seine E-Mails auf dem iPad und seine SMS auf dem Handy, und zur allgemeinen Unterhaltung hat er Medizinjournale neben seinem Teller liegen mit ekligen Geschwüren, amputierten Zehen oder widerlichem Ausschlag – gern auch an den Genitalien. Die liest er dann, während er seine Suppe schlürft.«

Michaela lachte glockenhell. »Du bist wirklich ne Marke, Linda!«

Das fand ich auch. Ich hatte mich richtig in Rage geredet und warf meine blonden Haare nach hinten, was den Nachbarn bei seiner Tochtersuche innehalten ließ. Ich senkte die Stimme. »Und abends ist es wieder genau das Gleiche. Nur dass dann noch der Fernseher läuft und er laut mit seiner neunzigjährigen, schwerhörigen Mutti telefoniert.«

Michaela lachte sich kaputt. »Das Horrorszenario schlechthin!«

»Jochen hält mich für einen Haushaltsgegenstand«, petzte ich weiter. »Da kann ich ihm in Körbchengröße Doppel-D sein Steak servieren oder meinen selbst gebackenen Streuselkuchen unter die Nase schieben, sooft ich will: Er verschlingt das alles, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, und diktiert dabei Gutachten zu Neurodermitis und Abszessen!«

»Er scheint ein absoluter Workaholic zu sein. Andererseits habt ihr eine Menge geschafft: du mit deinem betriebswirtschaftlichen Know-how und er als angesehener Dermatologe. Es geht euch doch gut, Linda. Ihr habt ein tolles Haus, die Praxis läuft gut, die Kinder gehen aufs Gymnasium, sind gesund und munter …«

»Nach außen hin ist alles super, das geb ich gerne zu!« Ich nahm noch einen Schluck Wein.

»Linda!«, schrie der Nachbar, jetzt zunehmend genervt.

»Hier bei der Arbeit«, murmelte ich. »Weißt du, Jochen ist kein schlechter Mensch, diesen Eindruck will ich auch gar nicht vermitteln. Aber ich sehe mir selbst beim Vertrocknen zu.«

»Nein, mach dir ruhig mal Luft. Ich kenne doch Jochen, den alten Knochen.«

»Aus dem der Saft raus ist«, fuhr ich verdrossen fort. »Ich weiß gar nicht mehr, wann wir das letzte Mal zusammen in Urlaub gefahren sind. Oder wann er mir was Schönes mitgebracht hat. Schmuck, Unterwäsche oder auch nur Blumen. Wenn er mir was schenkt, ist es ein Haushaltsgerät mit Bedienungsanleitung. Aber ich bin eine Frau und keine Haushälterin!«

Michaela lachte. »Also voll das Klischee von der vernachlässigten, liebeshungrigen...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2015
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte blinde Wut • eBooks • Ehebruch • Eine wahre Geschichte • Mord aus Leidenschaft • Neuanfang • Patchworkfamilie
ISBN-10 3-641-17373-6 / 3641173736
ISBN-13 978-3-641-17373-9 / 9783641173739
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