Der japanische Liebhaber (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman | Von der Autorin des Weltbestsellers »Das Geisterhaus«
eBook Download: EPUB
2015 | 2. Auflage
336 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-74175-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der japanische Liebhaber -  Isabel Allende
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Für Irina ist der neue Job ein Glücksfall. Die junge Frau soll für die Millionärin Alma Belasco als Assistentin arbeiten. Mit einem Schlag ist sie nicht nur ihre Geldsorgen los, sondern gewinnt auch eine Freundin, wie sie noch keine hatte: extravagant, überbordend, mitreißend und an die achtzig. Doch bald spürt sie, dass Alma verwundet ist. Eine Wunde, die nur vergessen scheint, wenn eines der edlen Kuverts im Postfach liegt. Aber wer schreibt Woche um Woche diese Liebesbriefe? Und von wem stammen all die Blumen? Auch um sich von den eigenen Lebenssorgen abzulenken, folgt Irina den Spuren, und es beginnt eine abenteuerliche Reise bis weit in die Vergangenheit.

Isabel Allende erzählt von Freundschaft und der unentrinnbaren Kraft einer lebenslangen Liebe. Davon, wie Zeit und Zwänge über eine solche Liebe hinweggehen und sie verwandeln, in Verbundenheit, Wehmut und ein leises Staunen - darüber, schon so lange gemeinsam unterwegs zu sein.



<p>Isabel Allende, geboren 1942 in Lima, ist eine der weltweit beliebtesten Autorinnen. Ihre Bücher haben sich millionenfach verkauft und sind in mehr als 40 Sprachen übersetzt worden. 2018 wurde sie - und damit erstmals jemand aus der spanischsprachigen Welt - für ihr Lebenswerk mit der National Book Award Medal for Distinguished Contribution to American Letters ausgezeichnet. Isabel Allendes gesamtes Werk ist im Suhrkamp Verlag erschienen.</p>

Isabel Allende, 1942 in Chile geboren, ging nach Pinochets Militärputsch 1973 ins Exil. Die Erinnerungen ihrer Familie, die untrennbar mit der Geschichte ihres Landes verwoben sind, verarbeitete sie in dem Weltbestseller Das Geisterhaus. Allende zählt zu den meistgelesenen Autorinnen weltweit, ihr gesamtes Werk erscheint auf Deutsch im Suhrkamp Verlag. Svenja Becker, geboren 1967 in Kusel (Pfalz), studierte Spanische Sprach- und Literaturwissenschaft. Sie lebt als Übersetzerin (u. a. Allende, Guelfenbein, Onetti) in Saarbrücken.

Lark House


Als sie mit der Arbeit in Lark House am Stadtrand von Berkeley begann, war Irina Bazili gerade dreiundzwanzig geworden und wenig zuversichtlich, denn seit acht Jahren stolperte sie von Job zu Job und von einer Stadt in die nächste. Sie hätte sich nicht träumen lassen, dass sie hier in dieser Seniorenresidenz den perfekten Ort für sich finden würde und in den kommenden drei Jahren so glücklich werden sollte, wie sie es zuletzt in Kindertagen gewesen war. Lark House war in den Fünfzigern als würdige Wohnstatt für alte, nicht sehr begüterte Menschen eröffnet worden und hatte aus ungeklärten Gründen schon zu Beginn vor allem linke Intellektuelle, entschlossene Esoteriker und wenig erfolgreiche Künstler angezogen. Mit der Zeit war vieles hier anders geworden, die Kosten für den Aufenthalt richteten sich aber wie eh und je nach den Einkommensverhältnissen der Bewohner, was theoretisch für ein breiteres Spektrum an Hautfarben und Herkunftsmilieus hätte sorgen sollen. Tatsächlich lebten in Lark House durchweg Weiße aus der Mittelschicht, und die Vielfalt beschränkte sich auf feine Unterschiede zwischen Freidenkern, Suchenden auf spirituellen Pfaden, Sozial- und Ökoaktivisten, Nihilisten und einigen wenigen Hippies, die in der Bay Area von San Francisco noch am Leben waren.

In ihrem ersten Gespräch wies Hans Voigt, der Leiter der Einrichtung, Irina darauf hin, sie sei zu jung für eine derart verantwortungsvolle Tätigkeit, da jedoch für die offene Stelle in der Verwaltung und bei der Betreuung dringend jemand gebraucht werde, könne sie übergangsweise bleiben, bis die geeignete Person gefunden wäre. Irina dachte, dasselbe ließe sich von ihm sagen, schließlich sah er aus wie ein vorzeitig kahl gewordener, pausbäckiger Junge, für den die Leitung einer solchen Einrichtung bestimmt eine Nummer zu groß war. Mit der Zeit sollte sie allerdings feststellen, dass Voigts Erscheinung aus der Entfernung und bei schlechter Beleuchtung trog, tatsächlich war er vierundfünfzig Jahre alt und ein ausgezeichneter Geschäftsführer. Irina versicherte ihm, auch wenn sie keine Ausbildung in dem Bereich vorweisen könne, habe sie in ihrer Heimat Moldawien doch eine Menge Erfahrung im Umgang mit alten Leuten gesammelt.

Vom schüchternen Lächeln der Bewerberin milde gestimmt, vergaß der Geschäftsführer seine Frage nach einem Empfehlungsschreiben und begann, ihr die Pflichten aufzuzählen, die mit der Stelle einhergingen und die kurz gesagt darin bestanden, den Bewohnern von Haus zwei und Haus drei das Leben zu erleichtern. Die in Haus eins mussten Irina nicht kümmern, sie lebten als selbständige Mieter in einem Gebäude mit kleinen Apartments, und auch für Haus vier, treffend »Paradies« genannt, weil man dort auf seinen Eintritt ins Himmelreich wartete, würde Irina nicht zuständig sein, denn dessen Bewohner verbrachten die meiste Zeit in einem Dämmerzustand und brauchten fachkundige Betreuung. Irinas Aufgabe würde es sein, ihre Schützlinge zum Arzt zu begleiten, zum Anwalt oder Steuerberater, ihnen mit den Formularen für Krankenversicherung und Steuer zu helfen, mit ihnen einkaufen zu gehen und sie auch sonst im Alltag zu unterstützen. Mit den Bewohnern des Paradieses würde sie nur insofern zu tun haben, als sie ihre Beisetzung zu organisieren hätte, aber dazu werde sie jeweils detaillierte Informationen bekommen, versicherte ihr Hans Voigt, denn die Wünsche der Sterbenden deckten sich nicht immer mit denen der Angehörigen. Die Menschen in Lark House hingen den unterschiedlichsten Glaubensvorstellungen an, weshalb sich die Beisetzungen öfter zu komplizierten ökumenischen Zeremonien auswuchsen.

Nur die Angestellten in der Hauswirtschaft, das Pflegepersonal und die Krankenschwestern trügen einheitliche Arbeitskleidung, erklärte der Geschäftsführer, die übrigen Beschäftigten hielten sich aber stillschweigend an die Kleiderordnung; Anstand und Geschmack seien oberstes Gebot. Ein T-Shirt mit dem Porträt von Malcom X, wie es Irina gerade trage, sei in der Einrichtung beispielsweise fehl am Platz, sagte er mit Nachdruck. Irina verzichtete auf den Hinweis, dass es sich nicht um Malcom X, sondern um Che Guevara handelte, den Hans Voigt offenbar nicht kannte, obwohl er außer in Kuba auch noch ein paar Anhänger in dem Teil von Berkeley hatte, wo sie wohnte. Für das T-Shirt hatte sie in einem Secondhandladen zwei Dollar bezahlt, und es war fast neu.

»Wir sind eine Nichtrauchereinrichtung«, sagte Hans Voigt.

»Ich rauche nicht und trinke nicht.«

»Sind Sie gesund? Das ist wichtig, wenn Sie mit alten Leuten arbeiten.«

»Ja.«

»Irgendetwas, das ich wissen sollte?«

»Ich bin süchtig nach Computerspielen und Fantasyromanen. Sie wissen schon, Tolkien, Neil Gaiman, Philip Pullman. Außerdem arbeite ich als Hundewäscherin, aber nur ein paar Stunden in der Woche.«

»Was Sie in Ihrer Freizeit tun, ist Ihre Sache, aber Ihre Arbeit müssen Sie gewissenhaft erledigen.«

»Aber natürlich. Hören Sie, wenn Sie mir eine Chance geben, werden Sie sehen, dass ich sehr gut mit alten Leuten umgehen kann. Sie werden es nicht bereuen«, sagte Irina mit gespieltem Selbstbewusstsein.

Nach dem offiziellen Einstellungsgespräch in seinem Büro zeigte der Geschäftsführer Irina die Einrichtung, das Zuhause für zweihundertfünfzig Bewohner, die im Schnitt fünfundachtzig Jahre alt waren. Ursprünglich war Lark House das prächtige Anwesen eines Schokoladenmagnaten gewesen, der es der Stadt vermacht und ein hübsches Vermögen gestiftet hatte, um den laufenden Betrieb zu sichern. Im Hauptgebäude, einem pompösen kleinen Palast, waren die Büros und die Gemeinschaftsräume untergebracht, eine Bibliothek, der Speisesaal und mehrere Werkstätten, und daneben gab es eine Reihe einladender Gebäude, die sich mit ihren Holzschindelfassaden harmonisch in den sie umgebenden Park einfügten, in den scheinbaren Wildwuchs, der sich tatsächlich der sorgfältigen Pflege eines kleinen Gärtnertrupps verdankte. Zwischen den Gebäuden mit den Einzelapartments und den Häusern zwei und drei verliefen überdachte Korridore, breit genug für Rollstühle und mit Panoramafenstern zu beiden Seiten, so dass man geschützt vor Wind und Wetter von einem Haus ins andere wechseln und dabei den Blick in die Natur genießen konnte, die von jeher am besten gegen die Leiden jeden Alters geholfen hat. Das Paradies, ein einzeln stehender Betonbau, hätte die Harmonie gestört, wäre er nicht vollständig von Efeu überwuchert gewesen. Bibliothek und Spielsaal standen den Bewohnern rund um die Uhr offen; der Schönheitssalon vergab Termine nach Vereinbarung, und in den Werkstätten wurden verschiedene Kurse angeboten, von Malerei bis hin zu Astrologie, für diejenigen, die sich von der Zukunft noch immer Überraschendes erhofften. Der »Laden der vergessenen Dinge« – so stand es auf dem Schild über der Tür – wurde ehrenamtlich von einigen Damen geführt und bot Kleidung, Möbel, Schmuck und allerlei andere Schätze an, die von den Bewohnern aussortiert oder von den Verstorbenen hinterlassen worden waren.

»Wir haben hier einen hervorragenden Filmklub. Dreimal in der Woche werden Filme in der Bibliothek gezeigt«, sagte Hans Voigt.

»Was für Filme denn?«, fragte Irina in der Hoffnung auf Vampire und Science-Fiction.

»Ein Komitee wählt sie aus, bevorzugt Thriller, und Tarantino ist sehr beliebt. Hier herrscht eine gewisse Faszination für Gewalt, aber keine Angst, allen ist klar, dass es sich um Fiktion handelt und die Schauspieler im nächsten Film gesund und geläutert wieder auftauchen. Sagen wir, es ist ein Ventil. Etliche unserer Bewohner träumen davon, jemanden umzubringen, in aller Regel jemanden aus der eigenen Familie.«

»Ich auch«, rutschte es Irina heraus.

Im Glauben, die junge Frau scherze, lachte Hans Voigt zufrieden; Sinn für Humor schätzte er bei seinen Angestellten fast so hoch wie Geduld.

Im Park sah man Eichhörnchen zwischen den alten Bäumen herumhuschen, und Irina staunte über die vielen Rehe. Hans Voigt erklärte ihr, die trächtigen Muttertiere würden hier ihre Kitze zur Welt bringen und den Park als Kinderstube nutzen, außerdem sei er ein Paradies für Vögel, vor allem für Lerchen, von denen das Anwesen ja auch seinen Namen hatte. An einigen strategischen Punkten im Park waren Kameras angebracht, so dass man die Tiere beobachten und nebenbei ein Auge auf die Bewohner haben konnte, falls jemand sich verirrte oder stürzte, aber ansonsten gab es auf dem Anwesen keine Sicherheitsvorkehrungen. Die Türen waren tagsüber unverschlossen, und zwei unbewaffnete Wachleute gingen ihre Runden. Die beiden waren Polizisten im Ruhestand, der eine siebzig, der andere vierundsiebzig; mehr war nicht nötig, schließlich würde niemand seine Zeit damit verschwenden, alte Leute ohne Einkommen zu überfallen. Irina und Hans Voigt begegneten zwei Frauen im Rollstuhl, einer Gruppe von Bewohnern mit Staffeleien und Farbkästen auf dem Weg zum Malkurs im Freien und ein paar anderen mit Hunden an der Leine, die ähnlich gebrechlich waren wie ihre Besitzer. Das Grundstück hatte Zugang zur Bucht, und bei ansteigender Flut konnte man mit dem Kajak hinausfahren, was einige der rüstigeren Bewohner auch taten. Hier ließe sich leben, dachte Irina nicht ohne Wehmut, sog die von Pinien und Lorbeer würzige Luft ein und verglich die freundlichen Gebäude im Stillen mit den versifften Bruchbuden, in denen sie seit ihrem sechzehnten Lebensjahr gewohnt hatte.

»Ich sollte wohl noch die beiden Gespenster erwähnen, Frau Bazili, denn das wird das Erste sein, wovor unsere Angestellten aus Haiti Sie warnen.«

»Ich glaube nicht an Gespenster, Herr...

Erscheint lt. Verlag 6.9.2015
Übersetzer Svenja Becker
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Original-Titel El amante japonés
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Familiensaga • Freundschaft • Liebe • Liebesbriefe • Liebesromane • spiegel bestseller • Spiegelbestseller • SPIEGEL-Bestseller • ST 4730 • ST4730 • suhrkamp taschenbuch 4730
ISBN-10 3-518-74175-6 / 3518741756
ISBN-13 978-3-518-74175-7 / 9783518741757
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