Der Zorn der Klinge (eBook)

Roman
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2016 | 1. Auflage
365 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-1703-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Zorn der Klinge -  Kelly McCullough
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Einst gehörte der Assassine Aral Königsmörder zu den besten Klingen der Göttin Namara. Doch nach ihrem Tod suchte Aral Trost im Alkohol, und nur die Hilfe einiger Freunde brachte ihn wieder auf die Beine. Als ihn seine ehemalige Geliebte, die Baroness Maylien Dan Marchon, nun aufsucht und ihm mitteilt, dass König Thauvik einen Verbündeten Arals im Kerker gefangen hält, steht für ihn fest: Er kann seinen Freund nicht im Stich lassen, auch wenn das bedeutet, dass er den Kampf wieder aufnehmen muss. Der Königsmörder ist zurück, und der Krieg wird nicht enden, ehe er seinem Namen ein zweites Mal gerecht wird ...

1


Gegenwart ist Vergangenheit. Die eine baut auf der anderen auf. Jeder neue Tag steht auf den aufgehäuften Leichnamen Tausender vergangener Tage. Meiner war keine Ausnahme. Zertrümmerte Möbel und Schmutz umgaben mich in dem, was einmal die Taverne Greifenkopf war. Ein Ort, einst mein Zuhause, von dem nur noch ein Trümmerhaufen geblieben war, verlassen, abgesehen von mir, meinem Partner und mächtigem Ärger. Die Vergangenheit hatte die Gegenwart zur Rechenschaft gezogen, so wie immer.

Ärger trägt tausend Gesichter und zeigt sich in millionenfacher Gestalt. In meinem Fall hatte sich der Ärger ein neues Gewand zugelegt. Eines, das ihm verdammt gut stand, was auch keine Überraschung war. Mein Ärger hatte einen Namen: Baronin Maylien Dan Marchon Tal Pridu, und sie sah immer gut aus. Groß und schlank, mit langem braunem Haar und liebreizenden Kurven, die sie in grünen Samt gehüllt hatte. Meine ehemalige Geliebte, Klientin und nicht anerkannte Erbin des Throns von Zhan war eine schöne Frau … und der personifizierte Ärger. Haufenweiser Ärger.

»Setz dich.« Mit der halb leeren Flasche, die ich in der Ruine gefunden hatte, deutete ich auf den Stuhl mir gegenüber. Whiskey schwappte aus dem gesprungenen Hals. »Lass mich dir ein Glas einschenken.«

»Ich glaube nicht, dass auch nur einer deiner Vorschläge eine gute Idee wäre, Aral«, entgegnete Maylien. »Eigentlich hatte ich gehofft, ich könnte dich überzeugen, mit mir von hier zu verschwinden, damit wir uns anderenorts unterhalten können. An einem sicheren Ort.«

»Aber mir gefällt es hier.« Ich schwang die Flasche herum, erfasste mit einer Geste die ganze finstere, verlassene Bar samt den verbretterten Fenstern, dem herumliegenden, zerbrochenen Mobiliar und der allgegenwärtigen, dicken Staubschicht. »Das ist einer der wenigen Orte, an denen ich mich je heimisch gefühlt habe.« Meine Aussprache war undeutlich. Kein gutes Zeichen, aber das war mir egal. »Zumindest war das mal so, bevor diese Verwüstung, wer auch immer sie hinterlassen hat, passiert ist. Da wir schon dabei sind, ich vermute, dass du gerade jetzt hier auftauchst bedeutet, dass du irgendetwas darüber weißt.«

Maylien seufzte und richtete ihren Blick auf den düsteren Schatten, den ich vor mir auf den Tisch warf. »Triss, gibt es irgendeine Chance, dass du Aral zur Vernunft bringst? Oder muss ich mich mit diesem Ort hier abfinden?«

Der Schatten bewegte sich, verwandelte sich von einem dunklen Spiegelbild meiner selbst in die Silhouette eines kleinen, geflügelten Drachen.

Eines Drachen, der wütend mit den Flügeln schlug. »Wenn ich Aral zur Vernunft bringen könnte, würde er nicht hier sitzen und trinken und darauf warten, dass die verdammte Elite auftaucht und seine Haut an die Wand nagelt und meine gleich dazu. Nein, natürlich nicht. Aber warum sollte er auch auf mich hören? Ich bin nur sein Vertrauter. Ist ja nicht so, als hätte ich in den neun von zehn Malen, in denen wir unterschiedlicher Meinung sind, recht. Oder, warte … nein, genauso sieht das aus.« Triss schüttelte den Kopf. »Er ist ein hoffnungsloser Fall.«

»Damit könntest du richtigliegen.« Maylien schob ihre Duellwaffe zur Seite und setzte sich mir gegenüber auf den staubigen Stuhl, was ihrem schicken Kleid beträchtlichen Schaden zufügen durfte. »Was willst du, Aral?«

Das war eine gute Frage. Was wollte ich? Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte ich diese Frage mit Leichtigkeit beantworten können: Ich wollte das Instrument der Gerechtigkeit sein. Das war damals, in der alten Zeit, als man mich Aral Königsmörder nannte und ich zu den am meisten gefürchteten Assassinen der Welt zählte, als ich eine der berühmten Klingen der Namara war, der Göttin der Gerechtigkeit. Aber das war auch, bevor die anderen Götter sie ermordeten und befahlen, ihre Anhänger dem Schwert zuzuführen.

Danach wünschte ich mir für lange Zeit nichts mehr, als in jene Zeit zurückkehren zu können, in der Namara noch gelebt hatte, den Tempel wiederaufzubauen und meine Freunde und Kameraden zum Leben wiederzuerwecken. Die Zerstörung meiner Welt ungeschehen zu machen. Manchmal wollte ich das immer noch mehr als alles andere. Aber das Leben war nicht so einfach, wie ich einst gedacht hatte. Oder vielleicht war es genauso einfach. Dieser Tage konnte ich nicht einmal um das trauern, was ich einmal gewesen war, ohne alles gleich wieder in Zweifel zu ziehen.

Scheiß drauf! Ich nahm einen weiteren Schluck und achtete sorgsam darauf, die gesplitterte Stelle zu meiden. Der Whiskey schmeckte nach Rauch und Honig, als er sich einen Weg über meine Kehle brannte. Verdammt, der war gut. Dennoch stellte ich nun seufzend die Flasche weg, weil ich mich wirklich nicht bewusstlos trinken wollte. Nicht so, wie ich es vor einem oder zwei Jahren getan hätte.

Schnaubend sah ich Maylien direkt in die Augen. »Ich habe ehrlich keine verdammte Vorstellung davon, was ich will, aber warum fängst du nicht einfach damit an, mir zu erzählen, was hier passiert ist?«

Der Greifenkopf war eine schäbige Spelunke in den Tiefen eines der schlimmsten Elendsviertel von ganz Tien, jedenfalls war er das gewesen. Jetzt war er eine mit Brettern vernagelte Ruine. Nach dem Sturz des Tempels hatte ich jahrelang in einer gemieteten Kammer über den Ställen gewohnt. Damals hatte ich vom Schankraum aus gearbeitet und mir das Geld für meine Barrechnung verdient, indem ich einen Schattenlöhner gespielt hatte – einen Unabhängigen auf der falschen Seite des Gesetzes. Aber dieses Ich, Aral der Löhner, war auch Vergangenheit. Vielleicht nicht ganz so tot wie der Königsmörder, aber eindeutig im Tiefschlaf.

»Also?«, hakte ich nach, als Maylien nicht gleich antwortete.

»Mein Onkel war hier«, sagte sie endlich in erbittertem Ton.

Mayliens Onkel war Thauvik Tal Pridu, der derzeitige König von Zhan und Nachfolger desjenigen, den ich für meine Göttin vor all diesen Jahren getötet hatte. Nicht gerade einer meiner größten Bewunderer. Auch wenn er wegen des Todes seines Halbbruders keine Tränen vergossen hatte, so hatte Thauvik doch unter all meinen Feinden den größten Preis auf meinen Kopf ausgesetzt. Scheinbar glaubte er, es wäre nicht gut für seinen Ruf, wenn er mich leben lassen würde, nachdem ich seinen Vorgänger vom Thron entfernt hatte. Seine Anwesenheit hier sagte mir alles, was ich über die Zerstörung des Greifenkopf wissen musste.

»Was du eigentlich meinst«, entgegnete ich, »aber aus Höflichkeit niemals sagen würdest, ist, dass ich der Grund bin, warum das hier passiert ist. Der König hätte gar nichts von diesem Ort gewusst, wenn ich ihn nicht zu meinem Heim gemacht hätte.«

»Mein Onkel hat das getan, nicht du …«, fing Maylien erhitzt an.

Aber ich fiel ihr ins Wort. »Er hat es meinetwegen getan, weil er diejenigen bestrafen wollte, die mir Zuflucht gewährt haben, egal ob sie wussten, wer ich war, oder auch nicht.«

Sie schüttelte den Kopf. »Er hat es getan, weil er ein Monstrum ist, Aral. Genau wie mein Vater und meine Schwester. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, der vergiftete Apfel fällt nie weit vom Stammbaum derer zu Pridu.«

Plötzlich erhob sich der Schatten eines Drachen zwischen uns und wedelte wütend mit den Schwingen. »Wie wäre es, wenn wir einfach etwas gegen dieses Problem unternehmen, statt nur hier herumzusitzen und Ich-bin-schuldiger-als-du zu spielen, bis die Männer des Königs auftauchen und uns alle zum Scharfrichter karren?

Mayliens Grinsen fiel zwar gequält aus, war aber aufrichtig. »Du hast dich gerade genau wie Heyin angehört.«

Ich lächelte nicht, aber ich musste zugeben, dass Triss gar nicht so unrecht hatte. Heyin auch. Das Oberhaupt von Mayliens freiherrlicher Garde und ihr ältester Freund. Heyin mochte mich nicht sonderlich. Was ihn kein bisschen weniger weise machte. Ganz im Gegenteil. Er mochte mich nicht, weil er glaubte, dass ich einen absolut inadäquaten Bettgenossen für seine Baronin abgab. Und damit hatte er vollkommen recht. Maylien hatte bei ihren Mitaristokraten mehr als genug Negativpunkte eingesammelt, da brauchte sie nicht auch noch einen gebrochenen Ex-Assassinen für ihr Image.

Begonnen hatte es damit, dass sie eine Magierin war, was bedeutete, dass sie gewisse Vorteile hatte, die die komplette, ausschlaggebende Struktur der Hierarchie von Zhan unterminierten – das formelle Duell um die Rangordnung, nach dem jeder von adligem Blut jeden Verwandten wegen seines Titels herausfordern konnte.

Zweitens war ihre Art der Magie ganz besonders skandalös. Sie hatte einst den Vagabunden angehört, einem reisenden Orden, der es sich zum Ziel gemacht hatte, die Straßen vom Brigantenwesen zu befreien. Den größten Teil ihrer prägenden Jahre hatte sie als heimatlose Streunerin zugebracht und mit der Art von Leuten verkehrt, auf die die meisten Aristokraten Zhans nicht einmal zu spucken geruhen würden.

In diesem Moment ertönte ein schrilles Kreischen aus der Küche – durch die sowohl Maylien als auch ich selbst die Schenke betreten hatten. Dem folgte Augenblicke später die Ankunft eines Miniaturgreifen namens Bontrang. Der kleine, gescheckte Gryphinx war Mayliens Vertrauter und flog direkt zu seiner Herrin, landete auf dem dicken Polster, das auf die Schulter ihres Kleides genäht war, und mrpte ihr besorgt etwas ins Ohr.

Sie nickte und erhob sich. »Die Garde ist unterwegs, Aral. Wir müssen gehen. Zumindest ich werde jetzt abhauen. Ich kann mich schließlich nicht so wie du in einen Mantel aus Schatten...

Erscheint lt. Verlag 12.2.2016
Reihe/Serie Königsmörder
Übersetzer Frauke Meier
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Original-Titel Blade Reforged
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte All Age Fantasy • Eis und Feuer • Elb • Elfe • Epic Fantasy • Fantasy Bestseller • Fantasy Bücher • Fantasy Roman • Game of Thrones • Herr der Ringe • High Fantasy • Hobbit • Low Fantasy • Tolkien • Troll • Zeitreisen
ISBN-10 3-7325-1703-9 / 3732517039
ISBN-13 978-3-7325-1703-9 / 9783732517039
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