Menduria -  Ela Mang

Menduria (eBook)

Der Wille der Gezeiten

(Autor)

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2017 | 1. Auflage
324 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7448-8949-0 (ISBN)
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Gegen jede Vernunft glaubt Lina auch ein Jahr nach Darians Tod noch an sein Überleben. Als sich die Gerüchte verdichten, macht sie sich in die Eiswüste auf, um ihn zu suchen. Während sie dort um ihr eigenes Leben kämpft, trifft sie auf einen alten Feind, ohne dessen Hilfe ihre Mission zum Scheitern verurteilt ist. Und während Lina sich in der Eiswüste mit ihren dunklen Kräften auseinandersetzen muss, entdeckt Aljana eine Gabe in sich, die vor langer Zeit prophezeit wurde und die von entscheidender Bedeutung im Kampf gegen die Haegoth sein wird. Kann das Ende ein Anfang sein?

Die Welt der Mythen und Legenden hat Ela Mang schon von Kindheit an magisch in ihren Bann gezogen. Inspiriert durch ihre eigenen Töchter hat sie schließlich selbst zu schreiben begonnen. Als »Schöpferin« Mendurias hat Ela Mang eine Welt erschaffen, in der alte Legenden auf die Gegenwart treffen und neue Wege gehen. Ela Mang lebt und arbeitet in Wien.

Prolog



Langsam wich die Finsternis. Linas Blick fiel auf das Gezeitenbuch, das schwer in ihrer Hand lag. Die ­fremdartigen Symbole, die sich wie Feuer in die Seiten gebrannt hatten, glühten nicht mehr. Vor ihr lag ein See, dessen Wasser glänzte wie silbernes Mondlicht. Die Decke über ihr war aus dunklem Granitstein, durchzogen von abertausenden feinen Diamantadern. Langsam setzte sie einen Schritt vor den anderen, während sie sich zu orientieren versuchte. Wo um alles in der Welt war sie diesmal nur gelandet? Eben noch hatte sie sich mit Ariana, der ersten Hüterin, unterhalten, dann war sie vor der magischen Triade gestanden und hatte die Ernennung Xedocs zum Hüter verhindert. Sie war davon ausgegangen, dass sie zu Darian zurückkehren würde. Nun aber stand sie in dieser gewaltigen Höhle. Was wollte das Gezeitenbuch denn noch von ihr?

Im Wasser des Sees nahm sie Bewegung wahr. Irgendetwas Großes schwamm auf sie zu. Die Wasseroberfläche begann
sich zu kräuseln, ehe ein schlanker Drachenkopf sie durchbrach. Unzählige Wassertropfen perlten von den smaragdgrünen Schuppen und zauberten ein tanzendes Meer aus Lichtreflexen an die Höhlendecke. Ganz langsam näherte sich der Drache, bis ihn nur noch eine Handbreit von Linas Gesicht trennte.

»Es gibt nichts Großartigeres als ein Bad in diesem See. Er ist warm, musst du wissen, denn er wird von den heißen Quellen unter dem Titanengebirge gespeist.«

»Ich bin im Titanengebirge?«, erkundigte sich Lina verblüfft.

»Unter dem Titanengebirge, um genau zu sein. Du bist am tiefsten Punkt des Drachenhorstes.« Die Stimme klang sanft und aufmunternd.

»Sie muss ein weiblicher Drache sein«, dachte Lina.

Ein volltönendes Lachen erklang aus der Drachenkehle. »Oh ja, sie ist ein weiblicher Drache. Eine Drachenamazone, um genau zu sein. Ich bin Esra-Dragona, die ­Drachenmagierin.«

»Sie kann also auch in meinen Gedanken lesen.« Lina war nicht sicher, ob ihr das gefiel. Ob alle Magier dieser Welt dazu fähig waren?

»Das sind sie. Und in deinen Gedanken lese ich sehr viel Verwirrung. Das ist kein Wunder, du hattest einen ereignisreichen Tag, wenn ich das so sagen darf. Tage wie diese können einem schon die Sinne vernebeln.« Esra-Dragona gluckste. »Komm mit mir. Ich möchte meine Schuppen trocknen und das geht am besten dort oben. Dort ist das Gestein warm und man hat einen wunderbaren Blick auf den See.«

Unter anderen Umständen hätte Lina den Ausblick auf diesen unterirdischen See, der so klar war, dass man bis zum Grund sehen konnte, in vollen Zügen genossen. Doch im Augenblick waren ihr Antworten viel wichtiger. Das Gezeitenbuch fest an die Brust gepresst, folgte sie der Drachenmagierin.

»Du wirst den Ausblick sehr interessant finden, glaub mir.« Esra-Dragona ließ sich am Rande einer weit über den See ragenden Felsklippe nieder und streckte ihre smaragdgrünen ledrigen Flügel bequem zur Seite. »Setz dich zu mir, Lina.«

»Du weißt, wer ich bin?«

»Und ob. Ich weiß, wer du bist, ich weiß, wer du warst, und ich weiß, wer du einmal sein wirst. Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, wird man dich die kleine Magierin nennen.«

Die kleine Magierin? Das klang irgendwie niedlich. »Dann kennst du also meine Zukunft?«

»Nein, ich kenne deine möglichen Wege in die Zukunft. Welchen du einschlagen wirst, das liegt alleine an dir. Ich kenne die Wege, die du bis zu diesem Zeitpunkt eingeschlagen hast. Und eines kannst du mir glauben, du hast dich tapfer geschlagen. Aber was von nun an geschieht, sehe selbst ich nur als deine verschiedenen Möglichkeiten.«

»Das verstehe ich nicht. In welcher Zeit befinde ich mich gerade?« Linas Gesichtsausdruck spiegelte ihre Verwirrung wider.

»Es ist deine Zukunft und meine Gegenwart. Uns beide verbindet eine Freundschaft, die älter ist, als du dir zu diesem Zeitpunkt vorstellen kannst. Du wirst diese Welt von Grund auf verändern. Und es wird ein Zeitpunkt in deinem Leben kommen, wo alles verloren scheint. Doch gerade dann ist es wichtig, dass du die Hoffnung nicht verlierst. Es ist mir gestattet, dir deinen Weg bis hierher zu zeigen. Möchtest du ihn sehen?«

Für einen kurzen Moment zögerte Lina. War es klug zu sehen, was kommen würde? Doch sie verdrängte den Gedanken sofort wieder. Ihre Neugier überwog, also nickte sie.

»Bist du dir sicher?«

»Ja, das bin ich.«

»Gut, dann leg das Buch zur Seite und richte deinen Blick auf die Oberfläche des Sees. Er ist wie Galans Gezeitenbrunnen, nur viel besser, die Bilder darin sind klarer.« Esra-Dragona neigte den Kopf zur Seite und streckte den rechten Flügel über Lina aus, ein schützender Baldachin aus Drachenhaut. Lina kniete nun am Rand der Felsklippe und blickte gebannt auf die Wasseroberfläche, die sich zu verändern begann. Wie aus weiter Ferne erklang Esra-Dragonas Stimme und trotzdem schien sie überall zu sein. Die Drachenmagierin sprach Worte, die wohl nur einer Drachenkehle entspringen konnten. Die Worte wurden zu einem Gesang, wie Lina ihn noch nie gehört hatte. Plötzlich erhob sich eine zweite Stimme, viel tiefer als die der Drachenmagierin, und stimmte in den Gesang mit ein. Linas Blick fiel auf das Gezeitenbuch, das plötzlich geöffnet neben ihr lag. Der Ursprung der zweiten Stimme schien aus dem Buch zu kommen. Das Gezeitenbuch sang! Lina glaubte, ihren Augen nicht zu trauen. Immer intensiver wurde der Gesang, aufgeladen von einer Energie, die jetzt beinahe greifbar war. Es klang wie die Musik eines fernen Gewittersturms, schaurig und süß zugleich. Dieses Lied lockte die Bilder aus einer Zeit, die noch in Linas Zukunft lag und doch zu Esra-Dragonas Vergangenheit gehörte. Eines nach dem anderen erschienen sie auf der spiegelglatten Oberfläche des Gezeitensees, entrollten sich als ein Film ihres zukünftigen Lebens im Schnelldurchlauf. Sie sah sich lachen und weinen, sah Glück und Freude. Darian und sie würden ein Kind haben, ein Mädchen. Dieses Bild zauberte ein Lächeln auf Linas Gesicht. Sie würde um ihn kämpfen müssen, nicht nur einmal, so wie Ariana es ihr prophezeit hatte. Aber er würde ihr gehören. Sie würde vieles verlieren und am Ende würde sie auch ihn verlieren.

Mit dem letzten Bild verklang das Lied. Es herrschte absolute Stille, während Lina versuchte zu begreifen. »Ist das der Zeitpunkt, an dem ich die Hoffnung nicht verlieren darf?«, fragte sie schließlich. Das Wissen lag nun bleischwer in ihrem Magen und fühlte sich an wie glühende Kohle.

Die Drachenmagierin nickte langsam.

»Kann ich es ändern? Kann ich diese Zukunft durch mein Handeln verändern?« Hoffnung schwang in Linas Worten mit.

Die Antwort der Drachenmagierin war ausweichend. »Dieser Weg hat viele Opfer gekostet, Lina. Du hast gar keine Ahnung wie viele. Ich sehe, dass dir diese Bilder Sorgen bereiten. Das hält nicht an. Sobald du mich verlässt, wirst du dich an unsere Begegnung und an diese Bilder nicht mehr erinnern.« Lina seufzte. »Dann hast du mich also ­hierhergeholt, nur um mir Bilder zu zeigen, die ich nicht ändern kann und die ich sowieso wieder vergessen werde? Das ergibt doch keinen Sinn.« Sie war plötzlich unglaublich müde und fühlte sich vollkommen überfordert. Dieser ganze Tag war eine einzige Katastrophe. Dabei hatte er so schön begonnen, in Darians Armen. Doch dann war Kathmarin gefallen, Lugathus hatte sie in seine Gewalt gebracht, Xedoc hatte versucht, sie im Steinkreis von Arvakur zu töten, und das Gezeitenbuch hatte beschlossen, sie auf eine Achterbahnfahrt durch die Zeit zu schicken. Langsam war es wirklich genug.

Esra-Dragona lächelte milde. »Nicht ich habe dich hierher geholt. Es war das Gezeitenbuch. Ich weiß, es ist alles ein bisschen viel auf einmal, selbst für eine Schöpferin. Was die Bilder betrifft, du wirst dich zwar nicht bewusst an sie erinnern, aber jedes Mal, wenn du vor einer Entscheidung stehst, wird dir eine Stimme tief in deinem Inneren den richtigen Weg weisen.«

»Und was, wenn ich diesen Weg nicht gehen will? Was, wenn ich ein ganz normales Leben führen will, frei von Schmerz und Leid?« Dieser Gedanke schien auf einmal sehr verlockend.

»Das könntest du theoretisch. Jedes Lebewesen im Gezeitenmeer hat seinen freien Willen. Du müsstest dich jedes Mal gegen deine Bestimmung wenden. Du würdest Darian niemals wiedersehen. Eure Tochter würde nicht geboren werden und Menduria würde untergehen. Ich habe auch diese Möglichkeit gesehen. Glaub mir Lina, du würdest nicht glücklicher werden. Du hast dir diesen Weg ausgesucht, lange bevor du geboren wurdest.«

»Daran kann ich mich nicht erinnern.« Lina klang skeptisch und ein bisschen trotzig.

Esra-Dragona lachte. »Nein, ich weiß. Die wenigsten können das. Und trotzdem war es so. Lass den Mut nicht sinken. Es liegen auch viele schöne Stunden auf deinem dir bestimmten Weg. Und er ist noch nicht zu Ende. Vertrau mir, Lina. Wir alle verfolgen das gleiche Ziel.«

Lina schwieg. Was sollte sie dazu auch sagen. Wenigstens würde ihr Leben nicht in Langeweile versinken. »Wie wird sie heißen? Meine Tochter, meine ich.«

»Aljana. Ihre Aufgabe wird nicht minder schwierig sein. Sie ist das Kind dreier Welten. Sie ist, was uns im Kampf gegen die Haegoth immer gefehlt hat.«

»Sie sieht ihrem Vater sehr ähnlich.« Wieder stahl sich dieses verschmitzte Lächeln auf Linas Gesicht.

»Sie hat nicht nur ihr Aussehen von ihm. Sie ist etwas ganz Besonderes, glaub mir.« Lina glaubte, einen liebevollen Unterton in der Stimme der Drachenmagierin zu hören.

Je länger Lina darüber nachdachte, umso mehr verschwanden ihre Zweifel. Dieses Kind wollte sie auf keinen Fall verpassen....

Erscheint lt. Verlag 4.10.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
ISBN-10 3-7448-8949-1 / 3744889491
ISBN-13 978-3-7448-8949-0 / 9783744889490
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