Einer der Größten des Kinos, vielleicht der größte Regisseur seiner Epoche: Zur Machtergreifung dreht G. W. Pabst in Frankreich; vor den Gräueln des neuen Deutschlands flieht er nach Hollywood. Aber unter der blendenden Sonne Kaliforniens sieht der weltberühmte Regisseur mit einem Mal aus wie ein Zwerg. Nicht einmal Greta Garbo, die er unsterblich gemacht hat, kann ihm helfen.
Und so findet Pabst sich, fast wie ohne eigenes Zutun, in seiner Heimat Österreich wieder, die nun Ostmark heißt. Die barbarische Natur des Regimes spürt die heimgekehrte Familie mit aller Deutlichkeit. Doch der Propagandaminister in Berlin will das Filmgenie haben, er kennt keinen Widerspruch, und er verspricht viel.
Während Pabst noch glaubt, dass er dem Werben widerstehen, dass er sich keiner Diktatur als der der Kunst fügen wird, ist er schon den ersten Schritt in die rettungslose Verstrickung gegangen.
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Hardcover (Nr. 10/2024) — Platz 20
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- Spiegel Bestseller: Belletristik / Hardcover (Nr. 04/2024) — Platz 8
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Hardcover (Nr. 03/2024) — Platz 5
- Spiegel Jahres-Bestseller: Belletristik / Hardcover 2023 — Platz 13
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Hardcover (Nr. 01/2024) — Platz 6
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Hardcover (Nr. 02/2024) — Platz 7
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- Spiegel Bestseller: Belletristik / Hardcover (Nr. 43/2023) — Platz 2
Daniel Kehlmann, 1975 in München geboren, wurde für sein Werk unter anderem mit dem Candide-Preis, dem Per-Olov-Enquist-Preis, dem Kleist-Preis, dem Thomas-Mann-Preis und dem Friedrich-Hölderlin-Preis ausgezeichnet. Sein Roman Die Vermessung der Welt war eines der erfolgreichsten deutschen Bücher der Nachkriegszeit, und auch sein Roman Tyll stand monatelang auf den Bestsellerlisten und gelangte auf die Shortlist des International Booker Prize. Daniel Kehlmann lebt in Berlin.
Daniel Kehlmanns Roman über Kunst und Macht, Schönheit und Barbarei ist ein Triumph. Lichtspiel zeigt, was Literatur vermag: durch Erfindung die Wahrheit hervortreten zu lassen.
Eine phantastische Reise in die heroische Zeit der Filmgeschichte.
Erscheinungsdatum | 26.09.2023 |
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Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Maße | 125 x 205 mm |
Gewicht | 562 g |
Einbandart | gebunden |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Babelsberg • Bestsellerautor • Deutsche Geschichte • Deutsche Literatur • deutscher Roman • Drittes Reich • Emigration • Film • Filmgeschichte • Gegenwartsliteratur • Georg Wilhelm Pabst • Greta Garbo • Historischer Roman • historischer roman zweiter weltkrieg • Hollywood • Joseph Goebbels • Kino • Kinogeschichte • Literatur Bestseller • Louise Brooks • Nationalsozialismus • Ostmark • Regisseur • Roman 2023 • Shoah • Stummfilm • Teufelspakt • Ufa • Weltliteratur • Zweiter Weltkrieg |
ISBN-10 | 3-498-00387-9 / 3498003879 |
ISBN-13 | 978-3-498-00387-6 / 9783498003876 |
Zustand | Neuware |
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5 Georg Wilhelm Pabst als tragische Figur
von Dr. Tobias Kallfell , am 07.12.2023
Danach folgen immer wieder Sequenzen aus dem Leben des Regisseurs. Einzelne Stationen werden szenenartig aneinander gereiht. Dazwischen immer wieder Zeitsprünge. Und ich stoße bei meiner Lektüre immer wieder auf Highlights: z. B. die Unterredung mit Greta Garbo, die eine von Pabst angebotene Rolle ablehnt. Sie ist zwar dankbar, dass Pabst sie berühmt gemacht hat, aber ihre Dankbarkeit kennt Grenzen. Auch Pabsts Rückkehr mit dem Zug in seine Geburtsland blieb mir im Gedächtnis: Er weiß genau, welche politischen Zustände im Land herrschen. Trotzdem verordnet er sich, seiner Frau und seinem Sohn zu schweigen. Wie er wirklich über die politischen Veränderungen denkt, erfahren wir nicht. Er bezeichnet sich selbst als nichtpolitischen Menschen. Eine weitere gut arrangierte Textstelle ist Pabsts Gespräch mit Goebbels. Es wird deutlich, dass Pabst eigentlich gar keine Absicht mehr hat, weitere Filme zu drehen. Propaganda ist ihm zuwider. Doch der Propagandaminister legt ihm Worte in den Mund und droht ihm subtil. Der Regisseur kann sich nicht behaupten und knickt ein. Und man fragt sich als Leser:in automatisch die alles entscheidende Frage: Wie hätte man selbst gehandelt?
Deutlich wird auch, was für eine tragische Figur Pabst ist. In den USA will sich der Erfolg nicht so recht einstellen, sein erster Film schlägt nicht ein und er kassiert Absagen von weiblichen Darstellerinnen. Er weicht zunächst in andere Länder wie z. B. Frankreich aus, doch es gelingt ihm einfach nicht, an alte, erfolgreiche Zeiten anzuknüpfen. Er entschließt sich in seine Heimat zurückzukehren, trotz des Wissens um die dort herrschenden politischen Zustände. Und als er seinen Fehler erkennt und ihn korrigieren will, bricht der Krieg aus, die Grenzen werden geschlossen und Pabst sitzt mit seiner Familie fest. Es gibt kein Zurück mehr. Und das Regime ist bereits auf ihn aufmerksam geworden. Er wird, wie schon erwähnt, vom Propagandaminister Goebbels nach Berlin eingeladen und kann dem auf ihn ausgeübten Druck nicht widerstehen. Er dreht wieder Filme und muss sich mit dem Regime arrangieren.
Ich bin mit der Erwartungshaltung an das Buch gegangen, dass Pabst ein Opportunist ist. Dies würde ich nach der Lektüre aber nicht mehr so sehen. Pabst hält sich einfach heraus, er will nicht sehen, was um ihn herum passiert. Er nimmt zwar stellenweise wahr, was um ihn herum passiert (das wird v. a. bei den dargestellten Dreharbeiten deutlich), schweigt aber dazu und behält seine Gedanken für sich. Dennoch wird für mich an vielen Stellen deutlich, dass er mit dem Regime hadert und längst nicht mit allem einverstanden ist. Doch er harrt im Land aus und stürzt sich in die Arbeit. Das Drehen von Filmen ist seine Ablenkung. Pabst wird zunehmend "umgebungsblind", ihm geht es nur darum, wieder einen großen Erfolg einzufahren. Das zeigt sich vor allem bei den Dreharbeiten zu seinem Film "Der Fall Molander". Und man kann sich wieder fragen: Welche Wahl hat er auch? Er muss sich mit den Gegebenheiten arrangieren. Hat er eine Alternative? Wenn ja, welche? Es lohnt sich auch, das Vater-Sohn-Verhältnis genauer in den Blick zu nehmen, um Pabsts Ansichten zum Krieg auszuloten. Eine Entfremdung zwischen den beiden wird nur allzu deutlich. Und es zeigt sich auch am Beispiel des Sohnes, wie das Sein das Bewusstsein bestimmt.
Was mich während der Lektüre ständig umtreibt, ist die Frage, was tatsächlich historisch verbürgt ist und was fiktiv ist. Kehlmann verwebt Fiktion und Fakten. Es gibt fiktive Figuren wie z. B. Franz Wilzek aus der Rahmenhandlung und weitere. Auch die Gespräche zwischen den Figuren sind fiktiv. Mich verunsichert so etwas immer, denn ich möchte mir ungern etwas Falsches merken. Doch Kehlmann geht es nicht darum, einen historischen Roman zu schreiben (hier empfehle ich eher Bücher von Ulf Schiewe). Trotzdem hätte ich mir ein informativeres Nachwort gewünscht, in dem der Autor evtl. darlegt, was Wirklichkeit ist und was nicht. Mein Wunsch nach einem umfangreicheren Nachwort führt aber nicht zu einem Sternabzug. So komme ich für dieses lesenswerte Buch auf 5 Sterne!
5 Kunst im Grauen
von amara5, am 09.11.2023
Aus auktorialer und wechselnder Erzählperspektive schildert Daniel Lehmann, wie der gefeierte und links angehauchte Stummfilm-Regisseur ("Die freudlose Gasse", "Die Dreigroschenoper" oder "Die weiße Hölle vom Piz Palü") G. W. Pabst zuerst in Sicherheit "draußen" im Exil in den USA war, dort aber keinen adäquaten Einstieg in die Filmbranche erhält. Zusammen mit seiner Frau Trude und seinem Sohn Jakob tut er das Unglaubliche und geht zurück ins angeschlossene Österreich – auch weil seine geliebte Mutter krank ist. Wieder "drinnen" im Nationalsozialismus, werden bald die Grenzen geschlossen, der Zweite Weltkrieg beginnt und die Familie kann nicht wieder zurück – sie muss innerhalb des NS-Systems überleben und Pabst wird bald von Nazi-Propagandaminister Goebbels unter übler Androhung als Filmemacher rekrutiert. Schon bald fügt sich der Meister des Filmschnitts und G. W. Pabst will erneut große Kunst erschaffen.
"Die Zeiten sind immer seltsam. Kunst ist immer unpassend. Immer unnötig, wenn sie entsteht. Und später, wenn man zurückblickt, ist sie das Einzige, was wichtig war. "
Finster, eindringlich und mit subtiler Lakonie zeigt sich, wie die Familie sich anpasst: Jakob wird selbst Jung-Nazi, Trude erliegt dem Alkohol, denn nur so erträgt sie die bitteren Begegnungen in ihrem Karrasch-Lesezirkel und Pabst arrangiert sich. Der Roman lebt von der faszinierenden, einzigartigen Sprache, den scharfsinnigen Beobachtungen und den filmischen Beschreibungen – jedes Kapitel ist perfekt aufgebaut und leuchtet zudem mit zahlreichen kinematografischen Details Pabst' Karriere auf. Als kleiner roter Faden dient sein Film "Der Fall Molander", an dem Pabst besessen mitten im Krieg arbeitet und dessen Material zu Kriegsende verschwunden ist.
Es ist ein grauenhaftes, brutales Setting, in dem die Shoah beginnt und die Deutschen versuchen, durch Angepasstheit zu überleben. Und trotzdem gelingt Kehlmann das Unfassbare, auch ironischen Humor, böse Situationskomik, bizarr-groteske Szenen und große Spannung einzubinden – fast erscheint "Lichtspiel" selbst als ein intensiv inszenierter Stummfilm, in dem die Protagonisten mit dem Böse ringen und ihre moralische Unschuld verlieren. Ein Highlight, in dem viele schaurige Szenen ergreifend nachhallen.
4 Der rote Papst unter dem Naziregime
von dj79 (ilsenburg), am 02.11.2023
Überzeugen konnte mich der Autor hinsichtlich der persönlichen Entwicklung von G. W. Papst. Zu Beginn des Romans ist er der erfolgreiche, zwar mit einem Dämpfer in den USA versehene, aber immer noch selbstbewusste Regisseur. Schließlich hatte er dermaßen avantgardistische Filme inszeniert, dass diese zumindest szenenweise zensiert werden mussten. Als er dann aufgrund einer Verkettung von unglücklichen Ereignissen das Reich nicht mehr verlassen kann und zu Propagandafilmen gedrängt wird, merkt man sukzessive, wie der sozialkritische Rebell in ihm langsam, aber sicher stirbt. Als gegensätzliche Strömung lässt sich ein Verfall des Skrupels beobachten. Am Ende ist jedes Mittel und Opfer recht, das einem ausperfektionierten Film dient.
Gewöhnungsbedürftig habe ich die recht hohe Anzahl an Erzählperspektiven gepaart mit den teilweise ordentlichen Zeitsprüngen empfunden. Beim Übergang in eine neue Perspektive bleibt die Identität des jeweils aktuellen Erzählers recht lange verborgen. So erschließt sich den Lesenden oft erst rückwirkend ein ganzheitliches Bild. Die überwiegende Betrachtung des Protagonisten durch Dritte lässt G. W. Papst zeitweise in den Hintergrund seiner eigenen Geschichte geraten. Er wirkt dadurch unnahbar und wie ein Nerd seiner Zeit. Das entspricht wahrscheinlich sogar der Realität, lässt die Figur allerdings auch überdurchschnittlich unattraktiv und mürrisch erscheinen. Darüberhinaus sind es für mich insgesamt zu viele Charaktere, die im Roman ihren Auftritt bekommen. Die Allermeisten begleiten uns nur kurz, sind nur für die jeweilige Szenerie relevant. Das macht das Lesen dieses sprachlich leichtfüßigen Werkes phasenweise doch irgendwie anstrengend und lässt Längen entstehen.
Sensationell sind im Gegenzug die medial angepriesenen ironischen Spitzen, die Kehlmann in Form von Situationskomik gekonnt ausspielt. Der Lesezirkel, dem Trude Papst beitritt, der nur die Werke des Alfred Karrasch bewundert, sei nur ein Beispiel. Sämtliche derart gestaltete Kapitel habe ich mit viel Freude gelesen, weil sie viel mehr zu weiterführenden Gedanken, auch zum hier und jetzt, anregen, als die Geschichte an sich. Sie gleichen die ein oder andere Schwäche dieses künstlerisch, literarischen Puzzlespiels aus, so das die Lektüre insgesamt als attraktiv bezeichnet werden kann.
5 Eine weitere gelungene Kehlmann-Zeitreise
von cjaay, am 22.10.2023
Der existierende oder nicht existierende Film ist immer wieder Thema und bildet auch den Schluss des Buches. Der Leser erfährt viel über die Herstellung des Produkts Film, Kameraführung, Schnitt, Marotten von damals bekannten Schauspielern, gegenseitige Animositäten. Über allem steht immer die Frage, wieweit sich Kulturschaffende in einem totalitären System anpassen und verbiegen müssen oder ob es Nischen und Möglichkeiten des Widerstandes gibt. Darüber hinaus geht es auch um die ganz private Schuld von Pabst als Vater, der seinen kleinen Sohn durch die Rückkehr zum Hitlerjungen und Soldaten macht. Amüsant ist die Szene, in der Trude sich in einem Literaturkreis von Frauen wiederfindet. Selbst hier muss man überlegen ob man diesen und jenen Autor überhaupt erwähnen darf. Zur Sicherheit lesen die Frauen immer den gleichen schlechten Schriftsteller, der ein linientreuer Nazi ist.
Das Buch wird vielen Lesern Spaß machen, da es flüssig und unterhaltsam zu lesen ist und den dafür offenen Leser zu Denkprozessen ganz unterschiedlicher Thematik anregt.
5 Korrumpierte Kunst
von buecherundschokolade, am 15.10.2023
Lichtspiel erzählt eine Geschichte von korrumpierter Kunst & korrumpierten Künstlern. Der Roman ist - typisch Kehlmann - sprachlich bestechend & hoch spannend. Es finden sich groteske Szenen, etwa als Pabsts Ehefrau Trude, die die Nazis ablehnt & an der Situation zu zerbrechen droht, einen Buchclub mit den Gattinnen von NS-Bonzen beitreten soll, um ihrem Mann Vorteile zu verschaffen.
Gleichzeitig schreibt Kehlmann aber auch Szenen, die einen schaudern lassen: KZ-Häftlinge, die als Statisten für Massenszenen bei Filmen herhalten müssen (was etwa in Leni Riefenstahls Film Tiefland traurige Realität war) & deren ausgezehrten Körper in historische Kostüme genäht werden. Lichtspiel ist ein empfehlenswerter, auf historischen Tatsachen beruhender Roman über G. W. Pabst & die NS-Filmindustrie, in dem Daniel Kehlmann geschickt die Wirklichkeit weiterspinnt & großes Kino abliefert.
5 Tiefgründig
von Steffi Kohl (Thüringen - Gotha), am 11.10.2023
Der Stoff seines jüngsten Buches dreht sich um Kunst, Macht, Schönheit, Verstrickung und Barbarei.
Er widmet sich einem der größten deutschen des Filmgeschäfts; dem österreichischen Regisseur G. W. Pabst der von 1885 bis 1967 lebte. Nach der Machtergreifung der Nazis flieht er nach Amerika, wo er nur einer unter vielen ist; eine Situation, mit der die Berühmtheit nicht klar kommt. Deshalb kehrt er zurück nach Österreich und gerät ins Visier des Propagandaministers : schwerwiegende Verstrickungen beginnen… Der "rote" Papst soll Propagandafilme drehen und er arrangiert sich mit den Machthabern und glaubt, dies kontrollieren zu können.
Wie verhält man sich in solch einer Situation ? Eine interessante, hochaktuelle Frage. Und deshalb ist es eben nicht nur ein historischer Roman.
Kehlmanns Schreibstil ist brillant ; präzise und einfühlsam. Der Leser kann tief in die Zeit und die Charaktere eintauchen, wenn er sich darauf einlässt. Kehlmann arbeitet die Zerrissenheit des Protagonisten sehr gut heraus.
Ich kann das Buch sehr empfehlen, denn es ist bei all dem erwähnten auch noch richtig spannend!
5 Die Geister, die ich rief ...
von ToniLudwig (Gera), am 08.10.2023
Kehlmann, der völlig zu Recht als exzellenter Vertreter des magischen Realismus gilt, gelingt es hierbei meisterhaft, in die Welt des Georg Wilhelm Pabst einzutauchen und dem Leser die Magie der Filmwelt nahezubringen.
Durchbrochen wird der Roman auch von Kapiteln aus der Sicht von Trude und Jakob, die Rahmenhandlung und das Nachkriegskapitel sollen hier nicht explizit besprochen werden.
Kehlmann ist ein kluger Autor, er verwebt seine Geschichten, sachkundig eingebettet in das damalige Filmgeschäft.
Diesem Sog kann man sich nicht entziehen. Und er zeigt sehr deutlich, dass es nicht folgenlos bleibt, mit Faschisten zu paktieren oder ihnen auch nur den kleinen Finger zu reichen, denn was im persönlichen kleinen Leben passiert, wiederholt sich auch im Großen und nunmehr erneut in der politischen Gegenwart.
Der Leser mag sich selbst ein Bild darüber machen, ob Kunst um jeden Preis und gleich von welcher Persönlichkeit geschaffen aus seiner Sicht Bestand haben kann.
Ein herausragendes Buch, absolute Leseempfehlung, erschienen bei Rowohlt und fein mit einem Lesebändchen ausgestattet.
5 Fesselnder und tiefgründiger Roman
von Bücherfreundin, am 07.10.2023
Ich fand es sehr spannend, hinter die Kulissen der Filmindustrie zu blicken und dabei auch den Filmgrößen der damaligen Zeit zu begegnen, wie Werner Krauß, Heinz Rühmann, Hilde Krahl und Werner Hinz. Auch das Verhältnis zu Leni Riefenstahl, die den Machthabern sehr verbunden war, wird beleuchtet.
Das Buch ist in brillanter Sprache geschrieben, meisterhaft und authentisch beschreibt der Autor die interessanten Charaktere.
Die Geschichte über G. W. Pabst vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus ist erschütternd und fesselnd zugleich. Wir erleben seine innere Zerrissenheit, als er, das gefeierte Genie, das eigentlich nur Filme drehen möchte, nun unter Zwang für die Bavaria Film arbeiten und Propagandafilme für die Nazis drehen muss. Als Gegenleistung stellt ihm das Ministerium alle Mittel zur Verfügung, die er benötigt.
Genial und packend wie einen Krimi erzählt der Autor die Episode über den Film "Der Fall Molander", die am Anfang des Buches mit Franz Wilzek, Pabsts damaligem Assistenten, beginnt und im Schlusskapitel ihr Ende findet.
Absolute Leseempfehlung für diesen fesselnden und tiefgründigen Roman!
5 Das Leben ist kein Film
von GeSchwaetz, am 06.10.2023
Wunderbar vielsagend beginnt dieser Roman, mit dem Vergessen dessen, was während des Krieges passierte. Vor allem von denen, die sich schuldig fühlten und schuldig waren.
Stellvertretend für unzählige Menschen, wird an G. W. Pabst sehr nachvollziehbar aufgezeigt, wie schwierig es ist, sich in politisch komplizierten Zeiten soweit anzupassen, um überleben zu können, auch wenn einem moralisch vieles gegen die Überzeugungen geht.
Der Regisseur denkt weder politisch korrekt, wie die Reichsfilmkammer es von ihm fordert, noch verhält er sich clever, als es noch die Möglichkeit zu reisen, zu emigrieren gibt. Nach einem Aufenthalt in Hollywood, kehrt er nach Europa, nach Österreich, zurück und soll Filme zur Unterhaltung des Publikums drehen. Immerhin blieben ihm Propagandafilme erspart.
Nach dem Verlust des Material seines Films "Der Fall Molander", der nach der vehementen Aussage seines Assistenten nie gedreht wurde, hat er sich mehr und mehr in sich selbst zurückgezogen, sich immer heftiger in seine Obsession des Filmemachens hineingesteigert und ist der Welt entflohen. Er versucht, mit Verdrängung der Realität durchs Leben zu kommen. Alles was er sieht und erlebt, betrachtet er aus der Perspektive des Filmemachers. Doch das Leben ist kein Film.
Daniel Kehlmann nutzt gekonnt einige literarische Stilmittel, seinen subtilen Humor und zeichnet sehr einfühlsam die unterschiedlichsten Figuren, ohne zu werten, so dass sie einem fast alle ans Herz wachsen.
Dieses "Lichtspiel" ist auch deshalb so interessant, weil viele Beschreibungen, Szenen, Dialoge u. a. spiegeln, was für uns heute relevant und politisch sehr aktuell ist.
Die Lektüre dieses Romans ist sehr empfehlenswert.
4 Filme drehen um jeden Preis
von Barbara (Remscheid), am 05.10.2023
Sehr gut beschrieben finde ich auch die Auswirkung von Papsts Arbeit auf seine Familie. Während sein Sohn früh lernt, sich den Gegebenheiten anzupassen und zur Hitlerjugend geht, hat seine Frau kein Verständnis für die Besessenheit ihres Mannes, Filme um jeden Preis zu drehen. Ihre eigene Karriere muss sie unter den gegebenen Umständen hinter der ihres Mannes vollständig zurückstellen.
Ich habe viel Interessantes in diesem Buch darüber gelernt, wie man Filme dreht, wie die Kameraführung sein kann und welche Möglichkeiten des Ausdrucks es für einen Regisseur geben konnte. Spannend auch, von den großen Namen aus vergangener Zeit zu lesen wie Greta Garbo, Louise Brooks, Peter Alexander, Ilse Werner, Billy Wilder, Fritz Lang und Ernst Lubitsch.
Es ist ein Buch mit vielen Facetten, das Kehlmann hier geschrieben hat: ein biographisches, historisches und politisches Buch über ein Genie und die Kunst in schrecklichen Zeiten. "Wichtig ist, Kunst zu machen unter den Umständen, die man vorfindet" (S. 305), das war der Leitsatz des großen G. W. Papst, dem er in seinem Leben stets treu geblieben ist.
4 Große Filmkunst
von NonStopLeserin , am 03.10.2023
Daniel Kehlmann schreibt sehr einprägsam und in einem flüssigen Schreibstil über das Leben des Regisseurs während des Nazi-Regimes, seine Versuche in Hollywood Fuß zu fassen und seine durch missliche Umstände hervorgerufene Rückkehr nach Deutschland.
Er wird zum Propagandaminister Joseph Goebbels nach Berlin gerufen und darf bzw. muss dessen Angebot annehmen: entweder KZ oder ein unbegrenztes Budget für seine Filme mit den besten Schauspieler, die zu dieser Zeit verfügbar waren.
Kehlmann hat einen gut recherchierten Roman geschrieben, der uns in die Welt der damals angesagtesten Schauspieler und deren Schicksale entführt. Zwischen Realität und Fiktion folgen wir G. W. Pabst und seiner Familie durch die Höhen und Tiefen der damaligen dunklen Epoche.
Empfehlenswert nicht nur für Cineasten!
4 interessant und temporeich
von gagamaus, am 01.10.2023
Was Kehlmann gut kann ist die Verknüpfung zwischen Fakten und Fiktion. Das ist fließend und glaubhaft. Man fühlt sich im Hollywood der alten Zeit. Man spürt den eisigen Hauch des erstarkenden Nationalsozialismus. Viele Anekdoten, bekannte Namen, offene und versteckte Hinweise auf die reale Geschichte erfreuen das Leserherz.
Etwas sperrig fand ich diesmal die Dialoge und auch die Darsteller. So richtig nahe kame sie mir nicht. Auch wenn sie viel über ihre Probleme, über ihre Wünsche und Sehnsüchte geredet haben.
Ich fand das Buch interessant, gestehe aber, dass es nicht an mein Lieblingsbuch von Kehlmann heranreichen konnte. 3,5 Sterne aufgerundet.
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