E-Book 101-150 (eBook)
3200 Seiten
Martin Kelter Verlag
978-3-7409-5789-6 (ISBN)
Eine der herausragenden Autorinnen im Romanheftbereich ist Patricia Vandenberg. Mit ihren berühmt gewordenen Romanserien Dr. Norden und Im Sonnenwinkel sowie zahlreichen serienunabhängigen Romanen hat sie sich in die Herzen unzähliger Leserinnen und Leser geschrieben. Von ihr existieren mehr als 1.500 Romane, die sie seit den 1960ern bis zu ihrem Tod in 2007 verfasste. Wie beliebt Patricia Vandenberg, deren Romane seit mehr als 40 Jahren im Martin Kelter Verlag in Print erscheinen, tatsächlich ist, beweist nicht zuletzt die ungebrochene Lesernachfrage ihrer Texte. Man kann von einer zeitlosen Gültigkeit sprechen, denn eine Lesergeneration nach der anderen wurde und wird in ihren Bann gezogen. Hervorzuheben ist die unnachahmliche Erzählweise Patricia Vandenbergs, die sie immer wieder großartig demonstrierte. Ins Leben gerufen und entscheidend geprägt hat Patricia Vandenberg auch die große Romanserie um Kinderschicksale Sophienlust. Bemerkenswert sind ihre übersinnlichen, phantastischen Amulett-Romane, die ebenfalls die erzählerische Meisterschaft dieser großen Schriftstellerin beweisen. Viele weitere Romane von Patricia Vandenberg unterstreichen die besondere Beliebtheit dieser Schriftstellerin, deren Verdienste im Romanheftgenre hervorzuheben sind. Das Geheimnis des Erfolges lag neben ihrer erzählerischen Kompetenz in ihrer Aufgeschlossenheit gegenüber den Sorgen und Sehnsüchten ihrer Mitmenschen begründet. Das richtige Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Leser wirkt sich auch und gerade in der heutigen Zeit sehr positiv auf das Renommee eines Schriftstellers aus. Genau das ist bei Patricia Vandenberg in besonderem Maße der Fall, deren breitgefächerte, virtuose Einfälle auch noch nach ihrem Tod einem großen Lesepublikum viel Freude bereiten.
Mit einem fröhlichen »Grüß Gott, Herr Lachner«, betrat Fee Norden die Schreinerwerkstatt. Groß, hell und geräumig war sie und mutete eher wie ein Künstleratelier an.
Auch der junge Mann, der Fee Nordens Gruß höflich erwiderte, hatte das ausdrucksvolle Gesicht eines Künstlers, und Christoph Lachner war auch einer, wie Fee dann feststellte, als sie die wunderschöne Eichentruhe betrachtete, die sie bei ihm bestellt hatte. Sie sollte ein Geschenk für ihren Vater sein.
»Ich bin begeistert, Herr Lachner«, sagte sie, »das ist ja ein Meisterstück.«
»So ähnlich war auch mein Meisterstück, aber zweimal genau dasselbe mache ich ungern«, erwiderte Christoph. »Ich bin sehr froh, dass es Ihnen gefällt, Frau Doktor. Dann kann ich wenigstens auf diese Weise ein wenig Dank dafür abstatten, dass Ihr Mann meiner Mutter so sehr geholfen hat.«
»Das war selbstverständlich«, sagte Fee. »Jetzt muss ich nur noch überlegen, wie ich die Truhe zur Insel befördern lasse.«
»Wenn es bis zum Samstag Zeit hat, kann ich sie hinbringen«, sagte Christoph sofort, »da hole ich Mutter doch ab. Im Variant bringe ich sie leicht unter, und dann weiß ich wenigstens auch gleich, dass sie gut ans Ziel kommt.« Er lächelte und wirkte gleich noch anziehender, denn er hatte wunderschöne ebenmäßige Zähne. »Es macht viel Spaß, wenn man nicht genau nach Vorschrift zu arbeiten braucht, wenn einem Spielraum gelassen wird.«
»Den lasse ich Ihnen gern, Herr Lachner. Ich bestelle gleich noch eine Truhe für uns. Sie wird sich in unserer Diele auch wunderhübsch machen. Kann ich die Rechnung gleich bezahlen?«
»Aber nein, Frau Doktor, es ist nicht so eilig.«
Nein, eilig war es bei ihnen wohl gewiss nicht. Die Lachners hatten einen schönen Besitz, ein großes Grundstück, auf dem ein altes Haus stand, das allerdings sehr sorgfältig renoviert war und ebenfalls Künstlerhände verriet, dazu ein neues, das der Umgebung geschmackvoll angepasst war. Hinzu kam noch die Werkstatt, in der die Roharbeiten gemacht wurden und dann diese schöne Halle, in der die wertvollen Möbel fertiggestellt wurden.
»Vergessen Sie aber nicht, die Transportkosten mit auf die Rechnung zu setzen«, sagte Fee noch zu Christoph, aber da lachte er auf. »Das wäre ja noch schöner, wenn ich sowieso zur Insel fahre. Und außerdem hat uns der Herr Doktor auch noch keine Rechnung geschickt.«
Er hatte ein freies, ungezwungenes Benehmen, einen natürlichen Anstand und auch ein recht ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Fee gefiel das sehr.
Sie betrachtete noch einen Sekretär, der noch nicht ganz fertig war, als ein bildhübsches junges Mädchen hereingewirbelt kam, das Christoph sogleich um den Hals fiel.
»Ariane«, sagte er mahnend, und sie errötete, als sie nun Fee Norden gewahrte.
»Grüß Gott, Frau Doktor«, sagte Ariane Scheffler. »Verzeihung, ich hatte Sie gar nicht gesehen.«
»Und ich verschwinde gleich«, sagte Fee. »Vielen Dank einstweilen, Herr Lachner. Wie geht es der Mama, Frau Scheffler?«
»Ganz gut«, erwiderte Ariane verlegen.
Fee Norden verabschiedete sich. Ein hübsches Paar, dachte sie, aber Frau Scheffler wird es kaum recht sein, wenn Ariane ihr Herz an den jungen Lachner verloren hat, und ganz so schaute es ja aus.
Fee Norden kannte Renate Scheffler, die verwitwete Frau Ministerialdirektor. Sie war keine unsympathische Frau, aber sehr auf ihr Image bedacht, sehr kultiviert, sehr stolz darauf, dass ihr Sohn mit fünfundzwanzig Jahren seinen Doktor gemacht und die Diplomatenlaufbahn eingeschlagen hatte.
Fee wusste nicht, ob die Ehe der Schefflers glücklich gewesen war. Den Ministerialdirektor hatte sie nur als kranken Mann gekannt, und er hatte ein langes schweres Leiden gehabt.
Man konnte nur sagen, dass die beiden Kinder mustergültig erzogen waren, und Fee wusste, dass Ariane kurz vor dem Abitur stand.
Sie hatte sich gefreut, wie unbeschwert und lieb das Mädchen Christoph begrüßt hatte. Sie hatte sich noch mehr an dem hübschen Anblick gefreut, den das junge Paar in seiner Verlegenheit bot, und doch nicht etwa verschreckt oder bedrückt, weil sie Zeuge dieser Begrüßung gewesen war.
»Frau Norden ist eine tolle Frau«, sagte Ariane, als sie nun mit Christoph allein war. »Bei ihr stimmt wirklich alles.«
»Bei dir auch, Ariane«, sagte er, und er sprach ihren Namen voller Zärtlichkeit aus. »Frau Norden wird auch nicht tratschen, da bin ich gewiss, aber es könnte mal jemand hier sein, der gleich zu deiner Mutter läuft.«
»Und wenn schon«, sagte Ariane. »Sie wird es ja doch bald erfahren. Ich will nur warten, bis ich ihr ein gutes Abiturzeugnis liefern kann, damit sie sieht, dass du nicht schuld bist an einem Leistungsrückgang. Weißt du, Mama ist gar nicht so, wie man meint. Sie hat keine leichten Jahre hinter sich und wollte alles nur in Papas Sinn weiterführen. Er hat doch früher alles bestimmt, und es ist eh ein Wunder, dass sie es auch allein mit uns geschafft hat. Aber seit Konrad seinen Einfluss geltend macht, verfällt sie wieder in die alten Allüren. Sie merkt nicht, dass er es auf sie oder mehr auf ihr Geld abgesehen hat. Er will sich einnisten bei uns, sich von Mama betütteln lassen. Aber das habe ich dir ja schon oft genug gesagt. Mir fällt er auf den Wecker.«
»Aber Tobias hat ihn doch anscheinend recht gern«, sagte Christoph nachdenklich.
»Ach was, Toby schafft sich nur keine Probleme. Er geht bald aus dem Haus. Nach mir die Sintflut, denkt er. Er hat ja erreicht, was er wollte.«
»Und was willst du erreichen, Ariane?«, fragte Christoph.
»Dich«, lächelte sie, »mehr will ich nicht.«
»Den Schreinermeister Christoph Lachner.«
»Du, ich mag nicht, wenn du es so sagst. Ich finde es wunderbar, was du machst. Und ich kann mich für dieses Handwerk auch begeistern. Ich werde zu dir in die Lehre gehen.«
»Und dazu machst du das Abitur?«
»Ich musste ja erst mal mündig werden«, sagte sie mit leisem Lachen. »Mama hätte mich doch sonst in ein Internat gesteckt. Chris, wenn ich mündig bin, kann uns niemand mehr dreinreden.«
»Gegen den Willen deiner Mutter würdest du mich heiraten?«
»Ich liebe dich«, sagte sie schlicht.
Doch ihm war es dabei bange. Ein bildhübsches Mädchen aus bester, vermögender Familie, und die Mutter hatte da ihre besonderen Vorstellungen. Er hatte Ariane im Tennisclub kennengelernt, und er hatte einmal gehört, wie Frau Scheffler pikiert sagte, ob in diesem Club denn jedermann aufgenommen würde.
Er hatte seinen Stolz. Seine Vorfahren waren immer Handwerker gewesen, und für seine Familie traf es wohl zu, dass Handwerk goldenen Boden hatte. Diesbezüglich brauchte er sich nicht zu verstecken, und er konnte seiner zukünftigen Frau auch etwas bieten. Aber er wusste auch, dass Frau Scheffler Ariane gern mit Jobst von Rosenow verheiraten wollte.
Er wusste es von Jobst selbst, denn er war mit ihm befreundet, und Jobst wiederum hatte andere Pläne, denn er war in Christophs Schwester Verena verliebt. Zwischen den Freunden herrschte Einverständnis, aber bisher wussten nur Sebastian und Maria Lachner etwas davon, und sie sahen der weiteren Entwicklung auch mit gemischten Gefühlen entgegen.
»Sehen wir uns am Samstag, Chris?«, fragte Ariane.
»Ich muss Mutter von der Insel der Hoffnung abholen und für Dr. Cornelius die Truhe hinbringen«, erwiderte er zögernd.
»Dann komme ich mit«, sagte sie spontan. »Ich habe vorsichtshalber schon zu Mama gesagt, dass ich zu Katrin nach Kempten fahre.«
»Es gefällt mir nicht, dass du meinetwegen schwindelst, Ariane«, sagte Christoph.
»Ach was, wenn sie es nicht anders haben will. Sie will außerdem mit Konrad an den Schliersee fahren. Angeblich hat er doch ein Haus gekauft oder will es kaufen.«
»Wieso angeblich?«
»Weil ich nicht glaube, dass er überhaupt so viel Geld hat. Ich habe so was läuten hören, dass er in Schwierigkeiten ist. Aber das bringe ich schon noch genau heraus. Mama ist ja erwachsen, und wenn sie ihre Perlen vor die Säue wirft, kann ich es auch nicht ändern. An mein Erbteil kann sie nicht heran. Ohne Mitgift komme ich nicht in die Ehe.«
»Du brauchst keine Mitgift, Ariane, aber ich möchte keine Konflikte heraufbeschwören.«
»Würdest du freiwillig auf mich verzichten?«, fragte sie bestürzt.
»Nein, das nicht. Aber es wäre besser, wenn wir auch den Segen deiner Mutter hätten.«
Segen?, dachte Ariane. Vielleicht wird sie notgedrungen in den sauren Apfel beißen, wenn ihr nichts anderes übrig bleibt. Dann vielleicht, wenn Jobst Verena heiratet. Aber das stand noch in den Sternen.
Ariane war trotzdem nicht pessimistisch, denn sie meinte ein gutes Eisen im Feuer zu haben. Nämlich Konrad Kohlmann, den Finanzberater ihrer Mutter, der sich nach dem Tode des Ministerialdirektors als Freund der Familie aufgespielt hatte.
*
Über diesen sprach Tobias Scheffler mit seiner Mutter, als sie ihm auch sagte, dass sie mit Konrad das Wochenende am Schliersee verbringen würde.
Tobias war ein sehr kühler, sehr bedächtiger junger Mann, aber so spottlustig, dass er leicht arrogant wirkte.
»Jedem Tierchen sein Pläsierchen«, sagte er ironisch. »Mir ist das egal, Mama, wenn es mir auch lieber wäre, du würdest endlich selbstständiger werden und dich nicht wieder von jemandem bevormunden lassen.«
Tobias konnte sich noch sehr gut daran erinnern, dass in seinem Elternhaus immer nur das Wort des Vaters gegolten hatte, solange er lebte, und dass dieser nie einen Widerspruch duldete.
»Konntet ihr euch über mich beklagen, während Vater krank war?«, fragte Renate...
Erscheint lt. Verlag | 12.11.2019 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
ISBN-10 | 3-7409-5789-1 / 3740957891 |
ISBN-13 | 978-3-7409-5789-6 / 9783740957896 |
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