Neue Technologien in der Sprachtherapie (eBook)

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2016 | 1. Auflage
200 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-201691-0 (ISBN)

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Neue Technologien in der Sprachtherapie -
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Wenn Alter, Krankheit oder Behinderung die Sprach- und Kommunikationsfähigkeit rauben, sind die Folgen für Betroffene einschneidend: Kommunikationsfähigkeit ist die Grundlage jeder sozialen Teilhabe. Moderne Kommunikationstechnologie kann diese Patienten befähigen, sich aus sozialer Isolation zu befreien. Das Buch richtet sich an Sprachtherapeuten und Logopäden in Wissenschaft und Praxis, die Patienten durch unterstützte Kommunikation und assistive Technologien wieder zu Lebensqualität verhelfen möchten. Fehlendes Sprechvermögen kompensieren und Sprach- und Kommunikationsfähigkeit im therapeutischen Prozess trainieren - zu diesen Zwecken setzt innovative Sprachtherapie auf Technologien und Applikationen. Die Autoren geben einen Überblick über verfügbare Anwendungen und deren Weiterentwicklung und vermitteln Grundlagen- wie auch Anwenderwissen. Zugrundeliegende Wirkmechanismen und wissenschaftliche Evidenz: Psychologisch-pädagogische und linguistisch-sprachtherapeutische Grundlagen. Von Teletherapie bis hin zu elektronischen Kommunikationshilfen: Anwendungspotenzial und Grenzen bei Applikationen für die Sprachtherapie. Handhabung in der Praxis: Rechtliche, soziale und ethische Rahmenbedingungen. Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen auch digital im Wissensportal eRef und in der eRef App zur Verfügung. Zugangscode im Buch. Setzen Sie auf innovative Sprachtherapie - für Ihre Patienten. Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.

Prof. Dr. Kerstin Bilda ist Professorin für Logopädie, Schwerpunkt Neurorehabilitation, an der Hochschule für Gesundheit Bochum und Neurolinguistin und Logopädin. Dr. Juliane Mühlhaus ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Gesundheit Bochum und Logopädin. Prof. Dr. Ute Ritterfeld ist Professorin für Sprache und Kommunikation in Rehabilitation und Pädagogik an der Fakultät für Rehabilitationswissenschaften der Technischen Universität Dortmund und Dipl.-Psychologin und Logopädin.

Prof. Dr. Kerstin Bilda ist Professorin für Logopädie, Schwerpunkt Neurorehabilitation, an der Hochschule für Gesundheit Bochum und Neurolinguistin und Logopädin. Dr. Juliane Mühlhaus ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Gesundheit Bochum und Logopädin. Prof. Dr. Ute Ritterfeld ist Professorin für Sprache und Kommunikation in Rehabilitation und Pädagogik an der Fakultät für Rehabilitationswissenschaften der Technischen Universität Dortmund und Dipl.-Psychologin und Logopädin.

Kerstin Bilda, Juliane Mühlhaus, Ute Ritterfeld (Hrsg.) u.a.: Neue Technologien in der Sprachtherapie 1
Innentitel 4
Impressum 5
Geleitwort – Technology for today and tomorrow 6
Vorwort 7
Anschriften 8
Abkürzungen 10
Inhaltsverzeichnis 12
1 Potenziale und Barrieren 21
Einführung 21
Wandel der Logopädie/Sprachtherapie 22
Langzeitversorgung und Selbstmanagement 23
Anwendung von „Technologien in der Logopädie/Sprachtherapie 24
Kindliche Sprech- und Sprachstörungen 24
Stimmstörungen 24
Hörstörungen 25
Potenziale technikbasierter Interventionen und Telerehabilitation 27
Telerehabilitation 28
Barrieren für technologiebasierte Interventionen und Telerehabilitation 28
Barrieren vonseiten des Gesundheitssystems 28
Barrieren vonseiten der Technologie 29
Barrieren vonseiten der Sprachtherapeuten 30
Zukünftige Entwicklungen 31
Literatur 33
Internetquellen 35
2 Begrifflichkeiten, Systematik, Akzeptanzfaktoren und Innovationen 36
Übersicht 36
Sprachtherapie als Teil der Rehabilitationswissenschaften 36
Was sind Technologien? 37
Funktionstypen 38
Mögliche Eigenschaften neuer Technologien 38
Technikakzeptanz und Diffusion technischer „Innovationen 39
Spezifischer Einsatz von neuen Technologien in der Sprachtherapie 40
E-Health und Teletherapie 41
Neue Technologien in der Forschung 42
Literatur 43
Internetquellen 44
3 Psychologische Grundlagen 45
Einführung 45
Psychologische Bedeutung von neuen Technologien in der Sprachtherapie 46
Psychologische Bedingungen der Techniknutzung 47
Selektion 47
Persistenz und Immersion 49
Psychologische Mechanismen von Wirksamkeit 50
Self Determination Theory 50
Lern-Quartett 51
Ausblick 55
Literatur 55
4 Technische Grundlagen 57
Übersicht 57
Technische Erweiterungen für klassische Computer in der Sprachtherapie 57
Elektronische „Kommunikationshilfen 59
Tablet-Computer 59
Aufbau von Tablet-Computern 60
Telemedizin 63
Einführung 63
Technische Voraussetzungen 64
Fazit 64
Literatur 65
5 Evidenz neuer Technologien in der Behandlung neurogener Sprach-„, Sprech-„, Stimm- und Schluckstörungen 66
Übersicht 66
Einführung 66
Aphasie 67
Diagnostik 67
Therapie 67
Dysarthrophonie 68
Diagnostik 68
Therapie 69
Sprechapraxie 70
Diagnostik 70
Therapie 70
Dysphagie 71
Diagnostik 71
Therapie 72
Fazit 72
Literatur 73
6 Ethische, rechtliche und soziale Implikation technikbasierter Anwendungen 76
Übersicht 76
Grundlegende „Überlegungen 76
Ethische Implikation 76
Rechtliche Implikation 78
Soziale und ökonomische Implikation 79
Fazit 81
Literatur 82
7 Teletherapie bei Aphasie: Ein videogestütztes Sprachtraining mit integriertem Videokonferenzsystem 85
Einführung 85
Theoretischer Hintergrund 86
Videogestütztes Sprachtraining DiaTrain 86
Internetbasiertes Sprachtraining mit integriertem Videokonferenzsystem 88
Fazit und Ausblick für die Praxis 89
Literatur 90
8 Telemedizinische Internetplattform in der Stottertherapie 92
Theoretischer und „empirischer Hintergrund 92
Weg zur Online-Therapie des Stotterns 93
Anfänge der Kasseler Stottertherapie 93
Entwicklung einer Plattform für Online-Therapie von Sprache und Sprechen 94
Datenschutz 95
Einbezug der Krankenkassen in Vergleichsstudien 95
Technik und Innovation 96
Stand der Technik 96
Anwendungsmöglichkeiten 96
Therapieaufbau KST online in Deutschland im Rahmen der Krankenkassenverträge 97
Beispiel einer typischen Einzelbehandlung 97
Indikation für eine Online-Behandlung 97
Kommunikativer Nutzen 97
Für und Wider 98
Fazit für die Praxis und Ausblick 100
Literatur 100
9 Entwicklung von spezifischen Applikationen für die Sprachtherapie 102
Vom Impuls zur „Anwendung 102
Impuls 102
Konzeptionelle Entwicklung 102
Designentwicklung und Übungsformate 102
Pilotierung 102
Anpassungen 103
Datensicherheit 103
App-Angebot 103
Erweiterung 103
Erfahrungen 104
Typen von spezifischen Apps für die Sprachtherapie 104
Aphasie-App 104
LRS-App 106
Moveapp 107
SEV-App 107
Bildkarten-App 108
Active Table als neue Einsatzmöglichkeit 108
Zukünftige Einsatzmöglichkeiten sprachtherapeutischer Apps 109
Fazit für die Praxis 109
10 Evidenzanspruch in der Anwendung von Applikationen in der Sprachtherapie 111
Bedeutung von Applika„tionen im Gesundheitsbereich 111
Applikationen in der Sprachtherapie 111
Zielgerichteter Einsatz von Applikationen 112
Richtlinien für die Auswahl von Applikationen 113
Fazit für die Praxis 116
Literatur 116
Internetquellen 117
11 Nutzung des Internets in der neuropsychologischen Behandlung von Patienten mit Aphasie 118
Übersicht 118
Webbasierte kognitive Funktionstherapie 118
Theoretischer und empirischer Hintergrund 118
Motivation 118
Stand der Technik und Innovation 119
Kommunikativer Nutzen 119
Für und Wider 120
Fazit für die Praxis 120
Webbasierte psychotherapeutische Behandlungs„angebote für Patienten und Angehörige 121
Theoretischer Hintergrund und Evidenz 121
Motivation 121
Stand der Technik und Innovation 122
Kommunikativer Nutzen 122
Für und Wider 123
Fazit für die Praxis 124
Rolle des Internets in der Selbsthilfe 124
Theoretischer Hintergrund und Evidenz 124
Motivation 125
Stand der Technik und Innovation 125
Kommunikativer Nutzen 125
Für und Wider 126
Fazit für die Praxis 126
Weiterführende Links 126
Trainingsanbieter 127
Literatur 127
Internetquellen 128
12 Nutzung elektronischer Kommunikationshilfen in der Sprachtherapie 129
Verwendung von Methoden der Unterstützten Kommunikation in der Sprachtherapie 129
Einsatz elektronischer Kommunikationshilfen als Methode der Unterstützten Kommunikation 129
Kommunikativer Nutzen und Effektivität des Einsatzes elektronischer Kommunika„tionshilfen 130
Auswahl einer elektronischen Kommunikationshilfe und Kostenübernahme 132
Modellierung als wichtigste Vermittlungsstrategie 133
Fazit für die Praxis 134
Literatur 135
13 Einsatz von Spracherkennung zur Förderung der kindlichen Kommunikation 137
Interview 137
14 Neue Technologien im Kommunikationsbereich am Beispiel Demenz 143
Übersicht 143
Demenz und „Demenzpflege 143
Pflege bei Demenzerkrankungen 143
Überlegungen zur Gestaltung von Interventionen 144
Beispiele für moderne Unterstützungstechnologien bei Demenz 146
Vernetzung, Kommunikation und Information 146
Unterhaltung, Beschäftigung und Training 147
Entspannung und Empowerment 148
Der nächste Schritt: Umgebungsunterstützte „Assistenzsysteme 148
Akzeptanz von „Technologien 149
Ausblick 150
Literatur 150
Internetquellen 151
15 Transkranielle Gleichstromstimulation zur Unterstützung der Sprachtherapie – wissenschaftliche Evidenz und klinische Perspektiven 152
Übersicht und Motivation 152
Technische und physiologische Grundlagen der tDCS 153
Modellbasierte Konzepte zur Unterstützung der funktionsorientierten Plastizität im Sprachnetzwerk 153
Übersicht über die seit 2008 bei Patienten mit Aphasie durchgeführten tDCS-Studien 155
Stimulation der betroffenen linken Hemisphäre 159
Stimulation der rechten, kontraläsionalen Hemisphäre 159
Individualisierte und bilaterale Stimulation 160
Differenzierung der sprachtherapeutischen Zielgröße 160
Perspektiven einer bildgebend gestützten, individualisierten tDCS bei Aphasie 161
Zusammenfassung und Ausblick 162
Literatur 163
16 Robotergestützte Sprachtherapie 165
Übersicht und Motivation 165
Definition 165
Anforderungen und „Erwartungen an einen Roboter in der Sprachtherapie 166
Stand der Technik und Innovation 167
Kaspar 167
CosmoBot 168
Nao 168
iCat und uBot-5 169
Flobi 169
Fazit 170
Kommunikativer Nutzen 171
Möglichkeiten und Grenzen 171
Fazit für die Praxis 172
Literatur 173
17 Automatische Sprachverarbeitung in der Sprachtherapie 174
Übersicht und Motivation 174
Screening 174
Diagnose 174
Therapiekontrolle 175
Computerunterstützte Therapie 175
Vergleich von Therapiemethoden 175
Sprachdaten 176
ASV-Methoden 176
Merkmalberechnung 177
Klassifikation 178
Regression 179
Hidden-Markov-Modelle 180
Evaluierung 181
Experimentelle Beispiele 182
Screening 182
Diagnose 183
Computerunterstützte Therapie 184
Fazit und Ausblick 185
Literatur 185
18 Lautbasierte Steuerung von Sicherheits- und Gebäudetechnik 186
Übersicht und Motivation 186
Stand der Technik und Innovation 186
Allgemeiner Aufbau eines Spracherkennungssystems 187
Kriterien zur Bewertung der Funktion eines Spracherkennungssystems 188
Spracherkennung bei gestörter Sprache 188
Strategien zur Erkennung gestörter Sprache 189
Integration 191
Kommunikativer Nutzen 192
Für und Wider 192
Fazit für die Praxis 193
Literatur 193
Sachverzeichnis 194

1 Potenziale und Barrieren


Kerstin Bilda

1.1 Einführung


Die Digitalisierung der Gesellschaft, d.h die Veränderung aller gesellschaftlichen Lebensbereiche und der sozialen Interaktionsmuster aufgrund des Einsatzes moderner Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) verändert nachhaltig alle unsere Lebensbereiche ▶ [39]. 45,6 Mio. Menschen in Deutschland besitzen im Jahr 2015 ein Smartphone ▶ [45]. Experten gehen davon aus, dass jeder Fünfte bereits heute Gesundheits-Applikationen (Apps) benutzt. Das digitale Zeitalter beeinflusst nachhaltig die persönlichen und sozialen Lebensbereiche, die Arbeitswelt, die Freizeit und Mobilität. Im Internet als ein weltumfassendes Kommunikationsnetzwerk stehen alle digitalisierten Medien in Echtzeit und global für eine unbegrenzte Zahl von Nutzern jederzeit zur Verfügung.

Große Hoffnungen und Erwartungen werden in Technologien in der Gesundheitsversorgung gesetzt. Sie sollen dazu beitragen, unser Gesundheitssystem effizienter und patientenorientierter zu gestalten. Versorgung soll besser auf die individuellen Bedarfe der Menschen zugeschnitten werden. Die Nutzer sollen intensiver in die Prozesse der Versorgung eingebunden werden, indem sie besser über ihre Daten und ihre Gesundheit informiert sind und aktuelle Forschungsergebnisse kennen ▶ [17]. Mit der technischen Entwicklung der digitalen Technologien entsteht ein neues Bewusstsein, eine neue Denkweise und Verpflichtung für ein vernetztes und globales Denken, das die Gesundheitsversorgung lokal, regional und weltweit verbessern will.

Auch wenn eine flächendeckende Vernetzung in Deutschland noch nicht realisiert ist, finden sich jedoch in weiten Teilen Anwendungen digitaler Technologien in der Gesundheitsversorgung. Ein Beispiel ist die elektronische Gesundheitskarte, die seit Anfang 2015 die alte Versichertenkarte endgültig ersetzt hat. Darüber hinaus werden digitale Technologien eingesetzt, um sektorenübergreifend Daten und Briefe der Patienten zu nutzen, Informationen zwischen Krankenhäusern, Rehabilitationszentren und Ärzten auszutauschen und räumlich entfernte Experten hinzuziehen. Europäische Förderprogramme, die Digitale Agenda der Bundesregierung, das geplante E-Health-Gesetz ▶ [6] beleben die seit Jahren eher stagnierende Diskussion über Telemedizin und E-Health in Deutschland.

Das Internet bietet über Online-Gesundheitsportale schnelle und jederzeit verfügbare Informationen über Krankheiten, Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten an. Es existiert ein großes Spektrum an internetbasierten therapeutischen Interventionen, wobei die Einsatzmöglichkeiten sehr vielfältig sind ▶ [25]. Mediengestützte Interventionen können mit konventionellen Face-to-Face-Angeboten verknüpft werden, sie können aber auch begleitend zu einer konventionellen Therapie eingesetzt oder vollständig ohne Face-to-Face-Kontakt durchgeführt werden.

Webbasierte Selbsthilfeprogramme oder psychoedukative Webseiten nutzen das Internet als Informationsübermittlung ohne therapeutische Interaktion. Die entsprechenden Anwendungen werden multimedial mit Text-, Audio- und Videodateien aufbereitet. Etliche Portale für Selbsthilfegruppen bieten Foren für Erfahrungsaustausch. Lifestyle, Fitness und Gesundheits-Apps sind mit mobilen Geräten wie dem Smartphone, Uhren oder Armbändern vernetzt und gewinnen immer mehr an Bedeutung. Mini-Programme für mobile Smartphones und Tablets bieten Privatnutzern Angebote zur Kontrolle und Erhaltung der eigenen Gesundheit sowie zur Überwachung der eigenen Krankheit. Die Bandbreite der Angebote reicht von Ernährungsberatung und Erinnerung an Medikamenteneinnahme bis zur digitalen Erfassung von Körperwerten wie Blutdruck, Blutzucker und Wohlbefinden (z.B. Schmerz). Diabetiker können ihren Blutzuckerspiegel über ihr eigenes Handy kontrollieren und verarbeiten, das ihnen Empfehlungen zur Therapie gibt. Das Smartphone wird zwar in den kommenden Jahren Ärzte nicht ersetzen, aber es übernimmt immer mehr die Rolle einer medizinischen Assistenz. Patienten entwickeln sich zu Experten und Partnern ihrer eigenen Krankheit, sind sehr gut informiert und zunehmend anspruchsvoller. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte Centre for Health Solutions ▶ [11] wird die digitalisierte Medizin das Verhältnis zwischen Arzt und Patient neu definieren und die Gesundheitsversorgung vollständig und grundlegend verändern.

1.2 Wandel der Logopädie/Sprachtherapie


Auch wenn die hohe Bedeutung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien für unsere Gesellschaft und unser Gesundheitssystem unstrittig ist, werden die Potenziale für die Logopädie/Sprachtherapie noch zu wenig erkannt und genutzt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erwartung, Informationen jederzeit und schnell im Internet abrufen und nutzen zu können, für die nächsten Generationen rapide ansteigen wird. Während die sog. „Babyboomer“-Generation, Jahrgänge von 1955 bis 1969, mit neuen Technologien nicht aufgewachsen ist, integriert die nachwachsende Generation ganz selbstverständlich Technologien in alle Lebensbereiche und wird mit diesen Erwartungen und Ansprüchen sicher entscheidend zu Veränderungen in der logopädischen Praxis beitragen ▶ [35].

Ebenso werden die zunehmenden Ausgaben und Nachfragen nach Gesundheitsleistungen, der soziale und demografische Wandel der Gesellschaft sowie große Fortschritte in den Neurowissenschaften logopädische Interventionen nachhaltig beeinflussen ▶ [52]. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes steigen die Ausgaben für das Gesundheitswesen in den nächsten Jahren kontinuierlich an ▶ [49]. Die angemessene und effiziente Verteilung von Ressourcen des Gesundheitssektors ist dringend erforderlich, um ein wirtschaftlich leistungsfähiges Gesundheitssystem zu bewahren. Dies ist angesichts der vielfältigen Herausforderungen, denen sich unser Gesundheitssystem in den nächsten Jahren stellen muss, keine leichte Aufgabe und wird mit Sicherheit zu mehr Konkurrenz innerhalb der Gesundheitsanbietenden um knapper werdende Ressourcen führen.

Der Anstieg chronischer Erkrankungen in einer immer älter werdenden Gesellschaft bedeutet für die Logopädie/Sprachtherapie, dass wir uns auf eine große Nachfrage an therapeutischen Leistungen bei neurologischen Krankheitsbildern einstellen müssen. Für viele dieser Menschen ist der Besuch einer logopädischen Einzeltherapie mit einem hohen Aufwand an Energie, Zeit und Organisation verbunden. Die Teilnahme an externen Therapien ist aufgrund von Mobilitätseinschränkungen oft nur mit Begleitung und einem speziellen Transport möglich. Der soziale und demografische Wandel führt dazu, dass zunehmend mehr ältere Menschen alleine zu Hause leben und Technologien benötigen, um ihren eigenständigen Lebensstil aufrechterhalten zu können ▶ [22]. Familiäre Unterstützungsstrukturen sind häufig gar nicht bzw. nicht am Wohnort vorhanden. Der Bereich der häuslichen Versorgung und Pflege wird immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Vermutlich haben die Erkenntnisse und Fortschritte der Neurowissenschaften in den letzten Jahrzehnten den größten Einfluss auf Veränderungen in der logopädischen Praxis gehabt. Die Forschungsergebnisse haben unser Wissen und Verständnis über die Funktionen des gesunden Gehirns sowie über das Wiedererlernen von kognitiven Funktionen nach einer Hirnschädigung erheblich erweitert ▶ [26]. Die Forschung konzentrierte sich dabei auf die funktionellen und strukturellen sowie adaptiven Veränderungen im Bereich des zentralen Nervensystems, die aus veränderten physiologischen Anforderungen oder Schädigungen mit Einschränkung der Funktion bestimmter Hirnareale resultieren. Neuroplastizität ist die Grundlage für neue Lernvorgänge und das Wiedererlernen von Fähigkeiten und Fertigkeiten ▶ [26]. 10 zentrale neurowissenschaftliche Prinzipien ( ▶ Tab. 1.1) wurden aus den bisherigen Erkenntnissen abgeleitet und definiert, die einen wissenschaftlich basierten Orientierungsrahmen für logopädische Therapien bieten, um das Lernen und die Rehabilitation optimal für Patienten zu gestalten.

Tab. 1.1 Prinzipien der Neuroplastizität (in Anlehnung an Kleim und Jones ▶ [26]).

Prinzip

Bedeutung

Use it or lose it

...

Erscheint lt. Verlag 12.10.2016
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Gesundheitsfachberufe Logopädie
Schlagworte Assistive Technologie • Elektronische Kommunikationshilfen • Kommunikationsfähigkeit • Logopädie • Neue Medien • Spracherkennung • Sprachtherapeutische Technologie • Sprachtherapie • Sprechvermögen • Telediagnostik • Telemedizin • Teletherapie • Unterstützte Kommunikation
ISBN-10 3-13-201691-8 / 3132016918
ISBN-13 978-3-13-201691-0 / 9783132016910
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