Muskuloskelettale Physiotherapie (eBook)

23 Fälle aus der evidenzbasierten Praxis
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
408 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-242128-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Muskuloskelettale Physiotherapie -
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Wie hätten Sie gehandelt? Die Autoren, alle namhafte Experten auf dem Gebiet der muskuloskelettalen Physiotherapie, beschreiben ihre spannendsten Patientenfälle. Sie legen ihre 'Karten auf den Tisch'! Die Therapeuten lassen Sie an ihrem Clinical Reasoning und der daraus resultierenden Vorgehensweise teilhaben: von der Anamnese und der klinischen Untersuchung über die Auswahl und Adaption von Techniken und Übungen sowie an der Patientenedukation bis zum Abschluss der Therapie. Verfolgen Sie, welches Vorgehen die Therapeuten unter anderem bei Patienten mit - Low Back Pain - Nacken-, Kiefer- und Kopfschmerzen - Verletzungen des Schultergelenks - Leistenschmerzen - Gonarthrose - Fibromyalgie - Karpaltunnelsyndrom wählten, welche Maßnahmen erfolgreich waren - und bei welchen Problemstellungen sie an ihre Grenzen stießen. Die Herausgeber kommentieren jeden Fall aus Sicht der Evidence-based Practice. Die Autoren konnten, falls gewünscht, eine Replik zu den Kommentaren schreiben. Ein Buch, das über das Format üblicher Fallbeispiele hinausgeht - hin zu einer modernen, kritischen EBP.

1 Physiotherapie und Wissenschaft


Martin Verra, Pegter Oesch

1.1 Muskuloskelettale Gesundheit und die Rolle der Physiotherapie


Gesundheit beinhaltet die Fähigkeit, sich an soziale, physische und emotionale Probleme anzupassen und diesen Herausforderungen begegnen zu können ( ▶ [7]). Folglich steht die Fähigkeit, sich auf die jeweiligen Lebensbedingungen einzustellen und mit ihnen umzugehen, heutzutage im Mittelpunkt der Gesundheit. Gesundheit ist auch dann möglich, wenn vollkommenes Glück, absolute Beschwerdefreiheit und höchste körperliche Leistungsfähigkeit nicht gegeben sind.

Die Physiotherapie ist eine selbständige Disziplin im Bereich der medizinischen Therapien, die – zusammen mit Medizin und Pflege – die 3 Säulen der Schulmedizin bildet ( ▶ [8]) und sich mit dem Gesundbleiben oder -werden von Menschen befasst. Sie ist auf die Behebung von, respektive den sinnvollen Umgang mit körperlichen Funktionsstörungen und Schmerzen ausgerichtet und kommt sowohl in der Therapie, Rehabilitation, Prävention, Gesundheitsförderung wie auch Palliativbehandlung zur Anwendung ( ▶ [3]). Die physiotherapeutische Praxis zeigt, dass Schmerzen und funktionelle Einschränkungen im Alltag die häufigsten Gründe sind, warum ein Arzt einen Patienten zur Physiotherapie überweist ( ▶ [13]).

Physiotherapeuten sind Spezialisten für Schmerz und Mobilität sowie Bewegung von Menschen in ihrer täglichen Umgebung und gesellschaftlichen Partizipation. Unter Zuhilfenahme der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) der WHO ( ▶ [15]) legen Physiotherapeuten und Patienten gemeinsam die Behandlungsziele fest – und zwar auf allen Ebenen: Körperstruktur/-funktion, Aktivität und Partizipation. Physiotherapeuten erbringen Leistungen für Einzelpersonen und Gruppen mit dem Ziel, ein Maximum an Bewegung und funktionellen Fähigkeiten in allen Lebensabschnitten zu erhalten und wiederherzustellen. Das übergeordnete physiotherapeutische Ziel ist in den meisten Fällen die Verbesserung der bewegungsbezogenen Funktionsfähigkeit der Patienten – Bewegung und Patientenedukation sind die Rohstoffe der Physiotherapeuten ( ▶ [14]).

Physiotherapeuten haben bei der Behandlung mit Elementen aus der Bewegungs- und Massagetherapie sowie physikalischen Therapie eine breite Palette an Interventionsmöglichkeiten. Das übergeordnete Rehabilitationsziel ist, den Patienten die Gelegenheit zu geben, einen besseren Umgang mit ihren Beschwerden zu erlernen und dies aktiv umzusetzen. So können sie das Niveau der (schmerzbedingten) Behinderung senken. Diese Vorgehensweise erhöht auch die Chance auf eine erfolgreiche, berufliche Wiedereingliederung. In der muskuloskelettalen Physiotherapie liegt der Fokus konsequent auf den funktionellen Aspekten von Gesundheitsproblemen. Die Rolle der Physiotherapeuten beinhaltet im Behandlungsprozess demzufolge zunehmend ein Coaching des Patienten/der Patientin im Sinne einer Anleitung zum Selbsttraining. Und last-but-not-least: Physiotherapeuten erarbeiten mit den Patienten ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Eigentrainingsprogramm. Damit ist die Physiotherapie als Profession sehr geeignet, Patienten mit muskuloskelettalen Beschwerden in ihrer Gesundheit zu unterstützen. Fallbeispiele aus der praktischen Anwendung sind hierbei hilfreiche Instrumente, um Physiotherapeuten jeglichen Erfahrungsschatzes mögliche Wege für die Behandlung aufzuzeigen.

1.2 Evidenzbasierte Medizin


Die evidenzbasierte Medizin (EBM) hat sich seit ihrer Einführung 1992 rasant weiterentwickelt. Die Anwendung der EBM ist ein klinischer Entscheidungsprozess ( ▶ Abb. 1.1), der darauf ausgerichtet ist, unter Einbeziehung folgender streng validierter, klinischer Forschungsresultate zur

  • Diagnose,

  • Prognose,

  • Behandlung (Wirksamkeit, Schadensvermeidung, Kosteneffizienz),

die bestmögliche Behandlung durchzuführen ( ▶ [12]).

Abb. 1.1 Evidence-based Medicine: Diese definiert sich nicht nur über wissenschaftliche Forschungsergebnisse, sondern auch über die persönlichen Erfahrungen der Physiotherapeuten sowie die individuellen Ansichten und Werte der Patienten.

1.3 Evidenzbasierte Physiotherapie


Evidenzbasierte Physiotherapie beinhaltet nicht nur, dass Physiotherapie auf wissenschaftlicher Evidenz abgestützt ist ( ▶ [1]). EBP ist wichtig für

  1. die Patienten: Untersuchungen und Behandlungen sind sicher und wirksam.

  2. die Physiotherapeuten und die Profession: berufliche (semi-)Autonomie

  3. die Kostenträger: Untersuchungen und Behandlungen sind wirksam, zweckmäßig und wirtschaftlich.

Erleichtert wird die Anwendung der EBP, die auch der Weltverband der Physiotherapeuten (WCPT) und diverse nationale Physiotherapieverbände unterstützen, durch eine Vielzahl von benutzerfreundlichen Hilfsmitteln. Wertvolles Hilfsmittel ist beispielsweise die Datenbank PEDro (www.pedro.org.au/german). Diese ist frei zugänglich und umfasst aktuell (Stand März 2019) über 42000 randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs), systematische Reviews und klinische Praxisleitlinien für den Bereich der Physiotherapie. Für jede Studie, Leitlinie bzw. Review stellt PEDro die bibliographischen Details, und, wenn möglich, einen Abstract sowie einen Link zum Volltext zur Verfügung. Alle RCTs in der PEDro werden unabhängig auf ihre Qualität hin bewertet. Diese Qualitätsbewertungen dienen dazu, den Nutzer der Datenbank schnell zu Studien zu führen, die wahrscheinlich valide sind und genügend Informationen enthalten, um die klinische Praxis anzuleiten. Für interprofessionelle Informationen ist die Cochrane Library (z.B. www.cochrane.de/de oder www.swiss.cochrane.org/de) sehr hilfreich.

1.3.1 1. EBP-Ebene: Forschungsresultate


Klinische Arbeit am Patienten sollte evidenzbasiert sein, sofern relevante und qualitativ hochstehende Forschungsergebnisse vorhanden sind ( ▶ [6]). Resultate von wissenschaftlichen Studien sollten sorgfältig interpretiert werden. Wissenschaftliche Evidenz wie Kohortenstudien, RCTs, systematische Übersichtsarbeiten mit oder ohne Meta-Analysen beschreibt Durchschnittswerte von Gruppen. Diese sagen nur bedingt etwas über den individuellen Patienten aus („means are mean“).

RCTs wurden primär für die pharmakologische – und nicht die physiotherapeutische Forschung entwickelt. In diesem Studiendesign sind 2 sehr relevante Aspekte für die physiotherapeutische Arbeit per se suspekt:

  1. die Verblindung der Physiotherapeuten – die meistens nicht verblindet werden können – und

  2. der Plazebo-Effekt (sogenannte „unspezifische“ Effekte, die v.a. auf einer vertrauensvollen, therapeutischen Beziehung zwischen Patienten und Physiotherapeuten basieren).

Kliniker und Forscher sind mittlerweile jedoch einverstanden, dass gerade der Plazebo-Effekt einen substanziellen Teil des Behandlungserfolgs bewirkt. Plazebo wirkt. Das ist nicht selbstverständlich, sondern die Kunst einer guten Kommunikation der Physiotherapeuten!

Evidenz von hoher Qualität – d.h. Studien mit einem möglichst kleinen Verzerrungsrisiko der Resultate, genügend großen Stichproben, Validierung durch mehrere, unabhängige Forschungsgruppen, etc. – ist jedoch nicht immer vorhanden. Dennoch müssen Physiotherapeuten klinische Entscheidungen treffen. Diese basieren beispielsweise auf Forschungsresultaten von niedriger Qualität, Konsensus oder Erfahrungswissen. In diesem Fall spricht man von „best practice physiotherapy“ anstelle von „evidence-based physiotherapy“.

1.3.2 2. EBP-Ebene: Erwartungen der Patienten


Aus Patientensicht bestehen meist folgende Fragen: Was habe ich? Woher kommt das? Wie lange dauert es? Was hat es für Folgen? Geht es vorbei und wer kann das unterstützen? ( ▶ [13]). Wie bereits vorher erwähnt, muss eine konstruktive therapeutische Beziehung zwischen dem Physiotherapeuten/der Physiotherapeutin und dem Patienten/der Patientin erarbeitet werden. Sie beinhaltet u.a. eine vertiefte Kommunikation, Empathie und Befähigung von Patienten (Shared Decision Making). Physiotherapeuten behandeln keine Krankheiten, sondern kranke Menschen. Die Interaktion mit dem Physiotherapeuten/der Physiotherapeutin wird von den Patienten sehr geschätzt. Patienten suchen eine Erklärung für ihre muskuloskelettalen Beschwerden und sind mit einer Therapie zufrieden, wenn sie das Gefühl haben, verstanden und ernst genommen zu werden ( ▶ [10]).

Die im vorherigen Abschnitt erwähnten Werte der Physiotherapeuten sollten von den Patienten erfahren werden. Dies könnte sich zum Beispiel in...

Erscheint lt. Verlag 11.12.2019
Reihe/Serie physiofallbuch
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Gesundheitsfachberufe
Schlagworte Erkrankungen des Bewegungsapparates • Gonarthrose • Karpaltunnelsyndrom • Leistenschmerzen • Manuelle Therapie • Muskuloskeletal • Physiotherapie
ISBN-10 3-13-242128-6 / 3132421286
ISBN-13 978-3-13-242128-8 / 9783132421288
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