Parodontologie für Zahnmedizinische Fachassistent*innen -  Peter Eickholz,  Ivana Elez,  Brigitte Strauß

Parodontologie für Zahnmedizinische Fachassistent*innen (eBook)

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2024 | 1. Auflage
248 Seiten
QUINTESSENZ Verlag
978-3-86867-727-0 (ISBN)
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Qualifizierte Prophylaxefachkräfte spielen eine zentrale Rolle bei der Förderung und Erhaltung der Mundgesundheit der Patientinnen und Patienten. Sowohl bei der PZR als auch bei der PAR-Behandlung sind unter Beachtung der berufsrechtlichen Bestimmungen Teile von Leistungsinhalten an dafür qualifiziertes Fachpersonal delegierbar. Dies erfordert von zahnmedizinischen Fachangestellten ein vertieftes Fachwissen über die ursächlichen Wechselbeziehungen zwischen dentalem Biofilm und den parodontalen bzw. periimplantären Geweben, die Risikofaktoren, die diese Prozesse beeinflussen können, deren Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit sowie eine gute Kenntnis der einzelnen Behandlungsschritte. Das renommierte Autor/-innenteam mit langjähriger Erfahrung in der Parodontologie hat in diesem Buch alle wichtigen Themen unter Berücksichtigung aktueller Klassifikationen, Leit- und Richtlinien zur Behandlung von Parodontitis, periimplantären Infektionen und anderen Parodontalerkrankungen zusammengestellt. Ergänzt um rechtliche Grundlagen und Details zur Abrechnung soll dieses neue und umfassend farbig illustrierte Buch die Qualifizierung des Fachpersonals unterstützen.

Peter Eickholz ist Direktor der Poliklinik für Parodontologie des Zentrums der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Carolinum) an der Johann Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er ist Mitglied im Editorial Board des Journal of Clinical Periodontology, im wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Zahnärztlichen Zeitschrift und Chefredakteur der Zeitschrift PARODONTOLOGIE, engagiert sich in verschiedenen Fachgesellschaften und hat auf dem Gebiet der Parodontologie vielfach publiziert und referiert.

Kapitel 1 Anatomie und Physiologie des Parodonts und der periimplantären Gewebe

Die Zähne und ihre Verankerung im Kieferknochen sind einzigartige Strukturen im menschlichen Körper. Zähne bestehen aus Zahnschmelz, dem härtesten Gewebe des menschlichen Körpers, aus Dentin sowie aus dem die Pulpakammer ausfüllenden Pulpagewebe. Der Zahnhalteapparat, das Parodont, setzt sich aus vier Anteilen zusammen: dem Zahnfleisch (Gingiva), dem parodontalen Ligament (Desmodont), dem Wurzelzement und dem Alveolarknochen. Der Alveolarknochen besteht aus dem eigentlichen Alveolarknochen, der Wand des Zahnfachs (Alveole) und dem Alveolarfortsatz, dem Teil des Kieferknochens, der die Alveolen umgibt (Abb. 1-1). Der Begriff Parodont leitet sich von den altgriechischen Wörtern „para“ (neben) und „odus“ (Zahn) ab. In zusammengesetzten Wörtern wie Parodont wird aus „odus“ „odont“. Obwohl das Wurzelzement innig mit dem Dentin und teilweise der Schmelzoberfläche verbunden ist, ist es definitionsgemäß Teil des Parodonts.

Abb. 1-1a bis c Das Parodont als funktionelle Einheit besteht aus vier Geweben: der Gingiva propria (befestigte Gingiva), dem Desmodont, dem Wurzelzement und dem eigentlichen Alveolarknochen, der mit der Lamina cribriformis der Alveole gleichzusetzen ist3. (a) Schematische Darstellung des Parodonts. (b) Histologie eines menschlichen Zahnes. (c) Vergrößerung aus Abb. 1-1b: Saumepithel, supraalveoläre Fasern (D = Dentin; S = Schmelz; SZG = Schmelz-Zement-Grenze; SE = Saumepithel; SAF = Supraalveoläre Fasern; WZ = Wurzelzement). (b und c: Histologie von Prof. Dr. Peter Schüpbach, Zürich)

Die Mundschleimhaut (orale Mukosa) kleidet die Mundhöhle aus. Man unterscheidet die mastikatorische Mundschleimhaut, zu der auch die Gingiva gehört und die verhornt ist, von der unverhornten Alveolarmukosa (Abb. 1-2). Die oberste/äußere Schicht der Mundschleimhaut besteht aus Epithelgewebe, das die Funktion einer Art äußeren Schutzschicht hat. Epithelgewebe setzt sich weit überwiegend aus dicht gepackten Zellen mit engen Zellzwischenräumen (Interzellularraum) zusammen. Während das Saumepithel aus zwei Schichten in etwa würfel-, quader- bis zylinderförmiger Zellen besteht (siehe später), setzt sich das mehrschichtige Plattenepithel aus vielen Schichten zusammen, wobei die tiefste Schicht (Stratum basale) aus in etwa zylindrischen Zellen besteht, die zur mittleren Schicht (Stratum spinosum) hin würfelförmig/mehrflächig werden und sich nach außen hin abflachen (Stratum granulosum und Stratum corneum; Plattenepithel) (Abb. 1-3). „Stratum“ ist lateinisch und heißt Schicht. Das Stratum granulosum wird auch Körnerzellschicht genannt. Die „Körner“, die in dieser Schicht in den Zellen auftauchen, beinhalten vor allem eine Vorstufe des Keratins. Die Zellorganellen lösen sich auf und werden von den Keratinblasen verdrängt, die sich im Stratum corneum (Hornschicht) schließlich vereinigt haben. Die Zellen sterben ab und bilden eine Hornschicht. Im Stratum basale entstehen durch Zellteilung kontinuierlich neue Epithelzellen, die dann durch die unterschiedlichen Schichten wandern, sich dabei verändern und schließlich an der Oberfläche als Hornschicht abgestoßen werden. So erneuert sich die Schleimhaut ständig. Epithelgewebe ist von uneinheitlicher Herkunft, da alle embryonalen Keimblätter in der Lage sind, Epithelgewebe zu bilden. Das Epithel der Mundschleimhaut entstammt zum Teil dem Ektoderm (Lippen, Vestibulum, Gingiva, Wangen, Gaumen, Mundboden) und zum Teil dem Entoderm (Zunge).

Abb. 1-2 Gesunde Gingiva. Die Gingiva wird koronal durch den Gingivarand (Limbus gingivae) begrenzt und geht vestibulär an der mukogingivalen Grenze (Linea girlandiformis) in die Alveolarmukosa über. Die mukogingivale Grenze kann mit Schiller‘scher Jodlösung dargestellt werden3.

Abb. 1-3 Das orale Gingivaepithel bedeckt die vestibulären und oralen Oberflächen der marginalen Gingiva und besteht aus vier Schichten: Stratum basale (Basalzellschicht), Stratum spinosum (Stachelzellschicht), Stratum granulosum (Körnerzellschicht) und Stratum corneum (Hornschicht)3.

Die Funktion des Parodonts besteht zum einen darin, den Zahn im Kiefer zu verankern, und zum anderen, das aseptische (bakterienfreie) Ökosystem der inneren Gewebe (z. B. Knochen, Bindegewebe, Blut) von der bakteriell besiedelten Mundhöhle abzuschirmen (siehe Kap. 2). Zudem verfügt das Parodont über Rezeptoren, die Schmerz, Tastreize und Druck übertragen.

1.1 Die Gingiva (Zahnfleisch)


Die Gingiva ist ein Bestandteil der mastikatorischen Mukosa, die wiederum Teil der Mundschleimhaut ist. Sie umschließt als epitheliale Manschette (Saumepithel) den Zahnhals und haftet der Zahnoberfläche an (Epithelansatz). Die Zähne durchstoßen die epitheliale Auskleidung der Mundhöhle und unterbrechen auf diese Weise die Abschirmung des aseptischen Ökosystems der inneren Gewebe gegen die bakteriell besiedelte Mundhöhle. Indem sich das Saumepithel der Zahnoberfläche anheftet, hält die Gingiva diese Abschirmung – die Kontinuität der epithelialen Auskleidung der Mundhöhle – aufrecht. Darüber hinaus bedeckt die Gingiva die koronalen Abschnitte des Alveolarfortsatzes (Abb. 1-1 und 1-2).

Die Gingiva wird koronal durch den Zahnfleischrand (Gingivasaum, Limbus gingivae) und apikal durch verschiedene Abschnitte der Mundschleimhaut begrenzt: Vestibulär geht die Gingiva an der mukogingivalen Grenze (Linea girlandiformis) in die Alveolarmukosa über (Abb. 1-2). Lingual besteht eine ähnliche Begrenzung zwischen Gingiva und Mundbodenschleimhaut. Palatinal geht die Gingiva ohne Begrenzung in die Schleimhaut des harten Gaumens über. Die Schleimhaut des harten Gaumens ist Teil der mastikatorischen Mukosa.

Schleimhäute bestehen immer aus einer Epithelschicht und einer darunterliegenden Bindegewebsschicht, die Lamina propria genannt wird (Abb. 1-3). Auch die Gingiva besteht aus einer dichten, zellulären, vorwiegend aus Kollagen bestehenden Lamina propria. Diese Lamina propria besteht aus einem Stratum papillare (Papillenschicht), das sich zwischen den Retezapfen des Epithels erstreckt, sowie einem Stratum reticulare (Netzschicht), das zwischen Stratum papillare und Periost (Knochenhaut) des Alveolarknochens liegt. Die äußere Schicht der Gingiva besteht aus Epithelzellen. Je nach Lokalisation unterscheidet man zwei Epitheltypen: das Saumepithel, das der Zahnoberfläche anhaftet, und das mehrschichtige Plattenepithel, das, wenn es den Sulkus begrenzt, orales Sulkusepithel heißt, und wenn es auf der Außenfläche lokalisiert ist, orales Gingivaepithel genannt wird (Abb. 1-4).

Abb. 1-4 Gingivaepithelien: Die äußere Schicht der Gingiva besteht aus Epithelzellen. Je nach Lokalisation unterscheidet man zwei Epitheltypen: das Saumepithel, das der Zahnoberfläche anhaftet, und das mehrschichtige Plattenepithel, das, wenn es den Sulkus begrenzt, orales Sulkusepithel heißt, und wenn es auf der Außenfläche lokalisiert ist, orales Gingivaepithel genannt wird.

1.1.1 Das orale Sulkus- und das orale Gingivaepithel

Beim oralen Sulkus- bzw. Gingivaepithel handelt es sich um ein 0,2 bis 0,3 mm dickes, mehrschichtiges und keratinisiertes (verhorntes) Plattenepithel, das über sogenannte Retezapfen mit dem Stratum papillare der Lamina propria verzahnt ist (Abb. 1-3 und 1-4). Dieses Epithel ist widerstandsfähig gegen mechanische Belastungen und relativ undurchlässig für Bakterien und deren Produkte1. Das orale Sulkusepithel bildet das Epithel des Gingivasulkus (Sulcus gingivae). Es haftet der Zahnoberfläche nicht an und bildet kein epitheliales Attachment aus. Der Sulcus gingivae hat einen V-förmigen Querschnitt und gestattet das ungehinderte Eindringen einer Parodontalsonde. Unter idealen Bedingungen, die nur experimentell bei keimfreien Versuchstieren oder nach einer Phase intensivster Plaquekontrolle dargestellt werden können, ist die koronoapikale Ausdehnung des Gingivasulkus 0 oder nahe 0 mm. Unter klinisch normalen Verhältnissen beim Menschen findet man mittlere Sulkustiefen von etwa 2 mm.

1.1.2 Das Saumepithel

Das Saumepithel, das apikal auf das orale Sulkusepithel folgt, bildet den von außen nicht sichtbaren epithelialen Teil der freien Gingiva. Es umschließt den Zahnhals wie eine ringförmige Manschette und bildet den Epithelansatz, also die epitheliale Anheftung (das epitheliale Attachment) am Zahn aus. Das Saumepithel (Epithelansatz) stellt den koronalen Anteil der dentogingivalen Verbindung dar, also der Zone, in der sich extraalveoläre Zahnoberfläche und Gingiva berühren2. Der apikal gelegene Anteil der dentogingivalen Verbindung wird von gingivalen Bindegewebsfasern ausgeformt, die in supraalveoläre...

Erscheint lt. Verlag 31.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Zahnmedizin
ISBN-10 3-86867-727-5 / 3868677275
ISBN-13 978-3-86867-727-0 / 9783868677270
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