Von Anfang an gesund - Klaus-Dieter Früchtenicht, Georg Seifert

Von Anfang an gesund (eBook)

Gesundheitskräfte natürlich stärken für Kinder von null bis drei
eBook Download: EPUB
2020
256 Seiten
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
978-3-446-26520-2 (ISBN)
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Das Geheimnis gesunder Kinder: Die Kinderärzte Klaus-Dieter Früchtenicht und Georg Seifert liefern praktische Tipps für Eltern infektgeplagter Kinder. Das neue Standardwerk zur Kindergesundheit!
Schnupfen, Fieber, Durchfall: Infektgeplagte Eltern sorgen sich um das Wohl ihrer Kinder. Doch Gesundheit entsteht durch das komplexe Zusammenspiel vieler Faktoren, nicht nur durch die Abwesenheit von Krankheit. Entscheidend sind die ersten drei Lebensjahre. Kinderneurologe Klaus-Dieter Früchtenicht und Kinderonkologe Georg Seifert verknüpfen traditionelle Naturheilkunde und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse mit Fallbeispielen aus ihrer langjährigen Praxis. Sie geben praktische Tipps zur täglichen Anwendung bei Kinderkrankheiten, Infekten und Entwicklungsstörungen - für lebenslange Gesundheit.

Dr. med. Klaus-Dieter Früchtenicht ist als niedergelassener Kinderarzt und Kinderneurologe in Berlin tätig, davor arbeitete er als leitender Oberarzt an verschiedenen Kliniken.

 

 

ENTWICKLUNG VON GESUNDHEIT – GRUNDLAGEN DER GESUNDHEIT

 

 

Stellen wir die Sinnfrage

 

Wenn wir von der Vorstellung sprechen, die wir Menschen uns von den Begriffen Gesundheit und Krankheit machen, hilft ein Blick auf die Bedrohungen von Gesundheit in früheren Zeiten und heute.

Bis weit ins Industriezeitalter waren das: reale Not, Armut, Hunger, fehlende Hygiene und daraus resultierend echte physische Mangelerscheinungen. All das gibt es heute im postindustriellen Zeitalter auch noch, es spielt in den westlichen Wohlstandsgesellschaften quantitativ aber eine untergeordnete Rolle. Wenn wir heute über gesundheitsbedrohende Faktoren sprechen, sind das Dinge wie Überfluss (statt Armut!), Über- und/oder falsche Ernährung (statt Hunger!), Stress, fehlender psychischer Halt, Selbstzweifel. Dazu, gewissermaßen auf einer höheren Ebene: fehlender Sinn im Leben des Einzelnen.

All das führt zu einer Zunahme an Zivilisationskrankheiten und vor allem auch zum Anstieg bei den psychischen und psychosomatischen Krankheiten. Dadurch wiederum können sich innere und äußere Heilungskräfte nicht so entfalten, wie es notwendig wäre. Gerade die psychischen Probleme führen dazu, dass Belastungen, Hürden des Lebens und auch Erkrankungen als nicht mehr beherrschbar und nicht positiv beeinflussbar erlebt werden. Das führt zusätzlich in einen Teufelskreis, denn natürlich steigert diese Wahrnehmung die psychische Belastung noch und festigt in der Folge die Blockade des Denkens und Fühlens.

In einer von Individualität und rasend schnellen Entwicklungen in technischer und ökonomischer Hinsicht geprägten Welt wird vor allem von älteren Menschen, allerdings zunehmend auch von jüngeren, Einsamkeit und fehlende Zugehörigkeit als ein Faktor empfunden, der Gesundung verhindert und damit letztlich auch zu einem gesundheitsökonomischen Problem wird. Wir sprechen dann auch von der sogenannten Drehtürmedizin, bei der auch der behandelnde Arzt nicht mehr die menschliche Zuwendung ausstrahlt, die immer zur Gesundung seiner Patienten beiträgt. Fühlt sich der Patient von seinem Arzt nicht wahrgenommen oder ernst genommen, bleibt derjenige allein mit seiner Krankheit zurück und empfindet die Regelungen des Gesundheitssystems als unüberwindbare Hürde, die verhindert, dass aus Krankheit wieder Gesundheit werden kann.

Letztlich erscheint das Leben so im wahrsten Sinne des Wortes »sinn-los«. Das ist eines der gesundheitsschädlichsten Gefühle überhaupt. Es macht uns krank, ohne dass irgendeine körperliche Beeinträchtigung vorliegen muss. Im Sinne der Salutogenese wird hier das Kohärenzgefühl entscheidend beeinträchtigt, zu dem ja auch »der Glaube an den Sinn des Lebens und ein Gefühl der Sinnhaftigkeit« gehören.

Es ist also häufig weniger ein konkreter Mangel, der uns ein Gefühl der Krankheit gibt, als das Fehlen von weichen Faktoren wie Nähe, Verständnis, Empathie und Zuwendung. Das gilt natürlich ganz besonders für Kinder. Wie der Gründer der Arche, Bernd Siggelkow, in einem Interview sagte, die meisten Kinder in unserer Wohlstandsgesellschaft seien nicht arm, sondern »bedürftig«. Diesen Unterschied zu verstehen ist wichtig, gilt er doch genauso für uns Erwachsene. Bezogen auf die Kinder führte Siggelkow weiter aus, diese Kinder hätten ausreichend Materielles zur Verfügung, doch keiner trage Verantwortung für sie, kümmere sich um sie, gebe ihnen Liebe, Orientierung und Halt. Diese Bedürfnisse sind für Kinder von enormer Bedeutung, und auch für viele Erwachsene werden sie unzureichend erfüllt und machen damit dauerhaft krank, ja sind ein wesentlicher Grund für den Anstieg an psychischen Erkrankungen, weil damit auch das Gefühl der Sinnhaftigkeit des Lebens beeinträchtigt ist.

Wenn wir es einmal genau betrachten, ist unser gesellschaftlicher Begriff von Kinderarmut sehr einseitig. Das Leben in einer durch Konsum und Besitz definierten Wertegesellschaft fokussiert enorm auf materiellen Wohlstand und verbaut damit den Blick auf Mangelerscheinungen, die sich nicht im Fehlen eines Handys, einer Playstation oder ähnlicher Dinge manifestieren.

Die Datenlage vieler Studien zeigt, dass fehlende Bildung in einem weit gefassten Sinne krank macht. Weit gefasst deshalb, weil hier nicht von Bildung durch Kindergarten, Schule oder institutionelle Förderung die Rede ist. Letztgenannte können ergänzen, korrigieren und gegensteuern, greifen jedoch zu spät ins Leben der Kinder ein, um die Sorte Bildung zu schaffen, von der wir hier reden. Wir wissen heute, dass der schulische Erfolg eines Kindes sich schon im Alter von fünf Jahren gut vorhersagen lässt.

Entscheidend für den Erwerb der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen sowie für die Bildung von Aufmerksamkeit und Geduld ist der Erwerb einfacher Vorläuferfertigkeiten über scheinbar simple und unbedeutende Tätigkeiten wie das Spielen von Geduldspielen oder das Backen von Keksen mit den Eltern oder Bezugspersonen. Letzteres ist eine perfekte Möglichkeit, die frühe Bildung des Kindes positiv zu beeinflussen, besser als jede »Frühförderung« im Chinesisch-Kurs mit vier Jahren es jemals vermag.

Kekse backen bedeutet: Sich zu merken, welche Zutaten für den Teig erforderlich sind, fördert das visuelle und auditive Gedächtnis. Im Supermarkt aus dem riesigen Angebot die richtigen Lebensmittel herauszusuchen fördert Orientierung und Aufmerksamkeit. Das Abmessen von Zucker, Mehl und Milch fördert das Mengen- und Volumenverständnis, Rühren, Ausstechen und Abwaschen üben Koordination, Visumotorik und Feinmotorik. Die Fähigkeit, den verbalen Anweisungen der Eltern zu folgen, stärkt das phonologische Gedächtnis und das Sinnverstehen. Am Ende steht dann die wahnsinnig tolle Erfahrung, etwas zu können, etwas geschafft zu haben, auf das man stolz sein kann. Eine bessere Stärkung des Selbstwertgefühls kann es nicht geben.

Wie leicht ersichtlich ist, funktioniert das in familiären Zusammenhängen, in denen Eltern ihre Funktion als Vorbild ernst nehmen und sich die Zeit für solcherlei »Bildungsarbeit« mit ihren Kindern nehmen. Und zwar ohne durch Erwartungshaltungen Stress und Druck zu erzeugen, der kontraproduktiv wirkt. Es geht nicht darum, wie die Kekse aussehen und schmecken, sondern um die Beziehung zwischen Eltern und Kind, die Sicherheit und damit auch Sinnhaftigkeit vermittelt. Und es geht darum, sich selbst zu kümmern und damit auch die Erfahrung weiterzugeben, dass es im Leben immer dann am besten läuft, wenn man das eigene Leben gestaltet. Letzteres ist der zweite Aspekt des Kohärenzgefühls: »Die Überzeugung, das eigene Leben gestalten zu können – das Gefühl der Handhabbarkeit«.

Das wirkt sich dann auch ganz konkret auf den Umgang mit Gesundheit und Krankheit aus. Wie ein Blick in die letzte DAK Kinder- und Jugendgesundheitsstudie zeigt, besuchen Eltern aus bildungsfernen Haushalten sechsmal häufiger den Arzt, und trotzdem leiden die Kinder bis zu 60 Prozent häufiger an Übergewicht, Asthma, Karies und anderen Erkrankungen. Offensichtlich wird die Fähigkeit, Gesundheit in die eigene Hand zu nehmen, die Kompetenz, schwierige Situationen selbstständig zu meistern, nicht mehr vermittelt, sondern mit mangelndem Erfolg an die Medizin delegiert, ja, richtiggehend outgesourct.

Über die Medizin hinaus konstatieren wir einen Prozess der organisierten Entmündigung des Menschen, denn auch schulische, soziale und psychische Probleme werden zunehmend »medizinalisiert« und institutionalisiert. Dadurch werden sie der Gestaltungskraft des Einzelnen entzogen und beschädigt damit ganz entscheidend dessen Kohärenzgefühl.

Es entsteht krankmachender, sogenannter toxischer Stress. Dessen Auswirkung auf unser Immunsystem und unsere Selbstheilungskräfte ist sehr viel bedeutungsvoller als bisher angenommen.

Wie im Kapitel »Grundlagen der Gesundheit« erörtert, führt »toxischer Stress« schon in der Pränatalperiode, Schwangerschaft und der frühen Kindheit zu einer andauernden Fehlprogrammierung der Immun- und Entzündungssysteme, aber auch unseres Verhaltens und der Emotionen – und damit der Fähigkeit, Stress und Belastungen später als nicht toxisch sondern handhabbar zu erleben.

Wir wissen zum Beispiel, dass nach einem schweren Ereignis wie dem Tod eines Partners die Zahl und die Aktivität von Immunzellen sinkt und wir leichter anfällig sind für Infektionen.

Dazu kommt, dass sich die Medizin immer stärker mit Befunden und immer weniger mit dem Befinden des kranken Menschen befasst. Zahlen sind wichtig in der Medizin als Wissenschaft. Für das Heilen und Gesunden aber ist das Erzählen und Zuhören mindestens genauso wichtig.

Ein intaktes Kohärenzgefühl lässt uns sicher sein, dass Dinge in unserem Leben verstehbar, beeinflussbar und sinnvoll sind. Je stärker dieses Gefühl verloren geht, desto verlorener sind wir von klein auf. Es ist heute nicht ungewöhnlich, dass zweijährige Kinder vom Kinderarzt schriftlich bescheinigt bekommen müssen, dass sie nach einer kleinen Infektion wieder gesund sind. Was für ein Wahnsinn, sollten doch die Eltern gut in der Lage sein, diesen Umstand bei ihrem eigenen Kind wahrzunehmen.

Auf diese Weise wird vielen Eltern die Fähigkeit zur Salutogenese genommen. Wenn wir im weiteren Verlauf über Genetik und Epigenetik sprechen, werden wir sehen, wie diese fehlenden Fertigkeiten vererbt und damit an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden, was für die zukünftige Gesellschaft ein riesiges Problem darstellt. Denn die Grundlagen von Krankheit und Gesundheit liegen überwiegend in der Kindheit und entstehen sogar aus der Lebensweise von Eltern und Großeltern. Die Erfahrungen der ersten Lebensjahre sind es, die unser Verständnis von Gesundheit und Krankheit...

Erscheint lt. Verlag 27.1.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte Arzt • Babyjahre • Charité • Eltern • Experten • Fieber • Ganzheitlich • Gesundheit • Heilen • Impfen • Infekt • Kinderarzt • Kinderkrankheit • Kindermedizin • Kindernotdienst • Kleinkind • Lebensanfang • Medizin • Natur • Naturheilkunde • Praxis • Ratgeber • Resilienz • resistance • Salutogenese • Schnupfen • Standardwerk • Wunschkind • zahnen
ISBN-10 3-446-26520-1 / 3446265201
ISBN-13 978-3-446-26520-2 / 9783446265202
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