Die Geschichte und das Ende des jüdisch-christlichen Gottes -  Eva Maria Hand

Die Geschichte und das Ende des jüdisch-christlichen Gottes (eBook)

Ein Sachbuch

*****

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
202 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7541-9820-9 (ISBN)
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'Ja, ich lebe die christlichen Werte, aber wirklich 'gläubig' bin ich nicht. Zumindest glaube ich nicht im Sinne der christlichen Kirchen. Eine Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben kommt für mich allerdings auch nicht in Frage. Dafür fehlt mir die Grundlage.' - Finden Sie sich hier wieder? Das Buch von Eva Maria Hand liefert die historische Grundlage für eine Auseinandersetzung mit den Ursprüngen unserer christlich geprägten Gesellschaft und mit dem christlichen Glauben an sich. Nachprüfbare wissenschaftshistorische Fakten und Originalzitate aus der Bibel zeugen von den Erkenntnissprüngen der Menschen vor über zwei Jahrtausenden. Setzen Sie sich auseinander!

Seit vielen Jahrzehnten ist die Autorin fasziniert von den inneren Widersprüchen der christlichen Religion und der christlichen Kirchen. Teilweise in beruflicher Mission, größtenteils aber aus persönlichem Interesse heraus, begann sie zu recherchieren und aufzuschreiben.

Seit vielen Jahrzehnten ist die Autorin fasziniert von den inneren Widersprüchen der christlichen Religion und der christlichen Kirchen. Teilweise in beruflicher Mission, größtenteils aber aus persönlichem Interesse heraus, begann sie zu recherchieren und aufzuschreiben.

Zum vorexilischen Jahwekult der Israeliten



In der christlichen Lehre gilt bis in die heutige Zeit, dass seit Mose (ca.1300 v. Chr.) der Glaube der Israeliten bzw. Juden ein ethischer Monotheismus gewesen sei, den das Christentum dann übernommen hat. Dieses entspricht nicht den historischen Fakten, was sowohl das Alte Testament als auch archäologische Zeugnisse belegen. Wie auch die benachbarten Völker opferten die Israeliten noch bis zum babylonischen Exil (586 v. Chr.) neben dem Nationalgott Jahwe weiteren Göttern und sogar archaischen Dämonen und Fetischen. Wie ich nachfolgend aufzeige, waren dabei Brandopferungen von Kindern nicht die Ausnahme, sondern die Regel.



1. Brandopferungen von Kindern



Es wird wissenschaftlich mehr und mehr anerkannt, dass im vorexilischen Israel/Juda die Tradition bestand, Kinder durch Verbrennen zu opfern. So stellt z. B. Michaela Bauks fest, dass „von der grundsätzlichen Existenz von Kinderopferungen im Israel des 7.-6. Jh. [v. Chr.] auszugehen“ ist. [Michaela Bauks, Kinderopfer als Weihe- oder Gabeopfer. Anmerkungen zum mlk-Opfer, in Markus Witte/Johannes F. Diehl (Hrsg), Israeliten und Phönizier, 2008, S. 248]. Bei B. J. Malina findet man folgende Feststellung: „Menschenopfer pflegten in Israel etwas Gewöhnliches zu sein (Ri 11,31; 2 Kön 3,27; 16,3; 17,17; 21,6; 23,10). Vielleicht sollte die Geschichte von Abraham, der Isaak opfern will, erklären, warum der Brauch aufhörte (Gen 22; s. Jak 2,21), doch der Tradition gemäß war es Gott selbst, der Menschenopfer forderte: ‘Ich ließ sie unrein werden durch ihre Opfergaben, indem sie alle Erstgeburt durchs Feuer gehen ließen; ich wollte sie mit Grausen erfüllen, auf dass sie erkennten, dass ich der Herr bin.’ (Ez 20,26)“ [Bruce J. Malina, Rituale der Lebensexklusivität, in B. Janowski/M. Welker (Hrsg), Opfer: theologische und kulturelle Kontexte, 2000, S. 48/49]. Judith Pail schreibt in ihrer Diplomarbeit „Jephtas Tochter - ein Menschenopfer für JHWH?“, Universität Wien, 2012, S. 42: „Zusammenfassend ist zu sagen, dass Kinderopfer, sowohl solche für JHWH [Jahwe], wie auch für fremde Götter, in der Bibel belegt sind. So ist zu vermuten, dass es eine Zeit gab, in der die Erstgeburt des Menschen geopfert wurde, sowie Brandopferungen von Kindern in Notsituationen, auch in Folge eines Gelübdes, stattgefunden haben müssen.“

Die Existenz von Kinderopferungen für Jahwe wird von den christlichen Kirchen und gläubigen Alttestamentlern bestritten bzw. einfach übergangen. Dieses ist verständlich, denn nach der christlichen Lehre ist der christliche Gott kein anderer als der israelitische/jüdische Gott ‚Jahwe‘. Da nach christlichem Verständnis unvorstellbar ist, dass Gott Kinderopfer gefordert hat, zeigt sich an diesem Dilemma, dass das Alte Testament nicht wörtliche Gottesoffenbarung ist, sondern das Denken des Menschen in seiner geistesgeschichtlichen Entwicklung widerspiegelt.

Ein Jahrtausend bzw. auch nur einige Jahrhunderte vor der Zeitenwende war es für den Menschen selbstverständlich, dass Götter ihr Liebstes als Opfer fordern können, also auch ihre eigenen Kinder. Wie selbstverständlich wird im Buch der Richter (Ri 11, 30-40) vom Bittgelübde Jephtas und der Brandopferung seiner Tochter erzählt. Dies ist in diesem Zusammenhang die wichtigste Bibelstelle, in der Jahwe eindeutig der Adressat der Brandopferung eines Kindes ist.

Im Richterbuch sind Erzählungen und Heldengeschichten der Zeit zwischen der israelitischen Landnahme in Kanaan unter Mose und Josua und der beginnenden Königszeit (etwa 1300-1000 v. Chr.) zu einer fortlaufenden Erzählung zusammengefasst. Dabei gehen alttestamentliche Forscher heute davon aus, „dass die Erzählungen über die großen Rettergestalten aus dem israelitischen Norden stammen und auf die frühe bzw. mittlere Königszeit (10. bis 8. Jh. v. Chr.) zurückgehen“ [Georg Hentschel, Das Buch der Richter, in E. Zenger u. a., a.a.O., S. 275]. Durch eine oder mehrere Redaktionen sind die einzelnen Erzählungen miteinander verbunden und theologisch bearbeitet worden. Die angenommene Entstehungszeit des Richterbuches reicht von kurz vorexilisch, also um 600 v. Chr., exilisch (586-539 v. Chr.) oder sogar nachexilisch. Der Text der Entstehungszeit ist nicht der jetzige Text des Richterbuches, da eine oder mehrere spätere Bearbeitungen/Fortschreibungen/Redaktionen wahrscheinlich sind.

Jephta ist eine der Rettergestalten der Richterzeit, der siegreich gegen Feinde Israels agiert. Nach der Theologie des Richterbuches gelingt ihm dieses nicht aus eigener Kraft, sondern weil ihm Jahwe den Sieg schenkt, nachdem Jephta ihm ein menschliches Brandopfer versprochen hat, falls er siegreich aus dem Kampf gegen die Ammoniter zurückkehren sollte. In Ri 11,30-40 heißt es nach der Zürcher Bibel: „30 Und Jephta tat Jahwe ein Gelübde und sprach: Wenn du die Ammoniter wirklich in meine Hand gibst, 31 so soll, wer immer aus der Türe meines Hauses mir [zuerst] entgegenkommt, wenn ich wohlbehalten von den Ammonitern heimkehre, Jahwe gehören; ich will ihn als Brandopfer darbringen. 32 Dann zog Jephta gegen die Ammoniter in den Krieg, und Jahwe gab sie in seine Hand. 33 Er brachte ihnen eine schwere Niederlage bei, von Aroer an bis in die Gegend von Minnith - zwanzig Städte- und bis nach Abel-Keramim. So wurden die Ammoniter vor den Israeliten gedemütigt. 34 Als nun Jephta nach Mizpa zu seinem Hause kam, siehe, da trat gerade seine Tochter heraus, ihm entgegen mit Handpauken und im Reigentanz. Sie war sein einziges Kind; er hatte außer ihr weder Sohn noch Tochter. 35 Als er sie sah, zerriss er seine Kleider und sprach: Ach meine Tochter! Wie beugst du mich tief! Du bringst mich ins Unglück! Ich habe meinen Mund Jahwe gegenüber aufgetan und kann nicht zurück. 36 Sie aber sprach zu ihm: Mein Vater, hast du deinen Mund Jahwe gegenüber aufgetan; so tue mir, wie du es versprochen hast, nachdem Jahwe dir Rache verliehen an deinen Feinden, den Ammonitern. 37 Dann sprach sie zu ihrem Vater: Dies sei mir noch vergönnt: lass mir noch zwei Monate Zeit, dass ich hingehe auf die Berge und meine Jungfrauschaft beweine, ich und meine Gespielinnen; dann will ich wieder herabkommen. 38 Er sprach: Gehe hin! und entließ sie für zwei Monate. Da ging sie hin mit ihren Gespielinnen und beweinte ihre Jungfrauschaft auf den Bergen. 39 Nach zwei Monaten kam sie wieder zu ihrem Vater, und er tat ihr, wie er gelobt hatte. (Sie hatte aber nie mit einem Manne verkehrt.) Daher war es Brauch in Israel: 40 Jahr um Jahr gehen die Töchter Israels hin, die Tochter Jephtas, des Gileaditers, zu besingen, vier Tage im Jahr.

Die Lage für Jephta im Kampf gegen die Ammoniter schien im Vorfeld schlecht gewesen zu sein. Nach seinem Ermessen war ein Sieg ziemlich aussichtslos, wenn er diesen aus eigener Kraft vollbringen müsste. Er brauchte also die Hilfe der Gottheit. Um diese Hilfe zu erhalten, machte er Jahwe ein verlockendes Angebot: die Brandopferung eines Menschen seines Hauses. Es wird von den meisten Auslegern auf Grund des hebräischen Textes nicht bezweifelt, dass Jephta die Brandopferung eines Menschen gelobte. Vielleicht hat er an einen Haussklaven gedacht, wenn man nicht unterstellen will, dass er die Opferung einer seiner Frauen plante. Seine Tochter, sein einziges Kind, hatte Jephta nach der Erzählung nicht im Sinn, denn er war todunglücklich, als sie ihm als Erste bei seiner siegreichen Heimkehr entgegenkam.

Die Erzählung vom Bittgelübde Jephtas und der Brandopferung seines einzigen Kindes ist in einem belanglosen Stil gehalten, dass angenommen werden kann, dass die Leser keinen Anstoß an einem Gelübde, einen Menschen für Jahwe zu opfern und an dessen Durchführung, genommen haben. Dies setzt voraus, dass ihnen solche Begebenheiten nicht fremd waren. Tragisch war für die Leser nur, dass Jephta ungewollt sein einziges Kind opfern musste, damit er Jahwe gegenüber nicht in Schuld geriet. Denn dies ist der Erzählung sehr wichtig: Bittgelübde gegenüber Jahwe, deren Bitte Jahwe erfüllt hatte, mussten eingehalten werden. Dies wird auch an anderen Stellen des Alten Testaments erwähnt, z. B. 5. Mose 23,21 „Wenn du Jahwe, deinem Gott, etwas gelobst, so sollst du nicht säumen, es zu halten; denn Jahwe, dein Gott, würde es gewiss von dir fordern, und es käme Schuld auf dich.

Ferner fällt an der Erzählung auf, dass betont wird, dass der Sieg Jephtas über die Ammoniter eine Gabe Jahwes war. Unausgesprochen schwingt mit, dass es nicht so gewesen wäre, wenn Jephta nicht das größtmögliche Angebot gegenüber seinem Vertragspartner Jahwe gemacht hätte: die Brandopferung eines Menschen. Auch kann man der Erzählung entnehmen, dass allein das Gelübde der Brandopferung eines Menschen Jahwe beeinflusste, denn eine besondere Frömmigkeit Jephtas oder eine besondere ethische Gesinnung sind nicht im Blick der Erzählung. Es wird sogar in Ri 11,1-3 angedeutet, dass Jephta zusammen mit anderen von Raubzügen lebte. In der kollektiven Erinnerung des Judentums war Jephta, der die Ammoniter besiegt hatte, ein Großer der vorstaatlichen Zeit; 1. Samuel 12,11: „Und Jahwe sandte Jerubbaal, Barak, Jephta und Samuel und errettete euch aus der Hand eurer Feinde ringsum, sodass ihr sicher wohntet.“ Sogar im Neuen Testament wird Jephta ehrend genannt. Im Brief an die Hebräer heißt es 11,33: „Und was soll ich noch sagen? Denn die Zeit würde mir fehlen, wenn ich erzählen wollte von Gideon, Barak, Simson, Jephta, David und Samuel und den Propheten, die durch Glauben Königreiche niederkämpften, Gerechtigkeit übten, Verheißungen erlangten, Löwen den Rachen verstopften.

Wie oben angeführt, handelt das Buch der Richter von der Zeit etwa 1300-1000 v....

Erscheint lt. Verlag 1.9.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Vor- und Frühgeschichte / Antike
Geschichte Allgemeine Geschichte Vor- und Frühgeschichte
Schlagworte Christentum • Gott • Jahwe • Judentum • Religionsgeschichte
ISBN-10 3-7541-9820-3 / 3754198203
ISBN-13 978-3-7541-9820-9 / 9783754198209
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