Der Pakt gegen den Papst (eBook)

Franziskus und seine Feinde im Vatikan
eBook Download: EPUB
2020
416 Seiten
C. Bertelsmann (Verlag)
978-3-641-23525-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Pakt gegen den Papst - Andreas Englisch
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Aus nächster Nähe: brisante Enthüllungen über die explosive Lage im Vatikan.
Die katholische Kirche steckt tief in der Krise. Doch nun haben die Hardliner im Vatikan einen gefunden, dem sie die Schuld daran geben können: Papst Franziskus. Dem »Irren aus Buenos Aires« werfen die erzkonservativen Kardinäle vor, dass er durch seine mutigen Reformen der katholischen Kirche das Wichtigste genommen hat, das sie über Jahrtausende hinweg besaß: die Gewissheit, die allein seligmachende Kirche zu sein. Vatikan-Insider Andreas Englisch kennt Papst Franziskus so gut wie kaum ein anderer Journalist. In seinem neuen Buch zeigt der Bestsellerautor, wie mutig Franziskus für seine Überzeugungen kämpft. Zugleich enthüllt er eine Revolte, die bis in die Spitzenämter der katholischen Kirche reicht und nur ein Ziel hat: Den Papst zum Rücktritt zu zwingen.

Andreas Englisch lebt seit drei Jahrzehnten in Rom und gilt als einer der bestinformierten Journalisten im Vatikan. Er ist ein gefragter Talkshowgast und Interviewpartner, seine Bücher werden in zahlreiche Sprachen übersetzt und sind Bestseller, darunter »Franziskus — Zeichen der Hoffnung« (2013), »Der Kämpfer im Vatikan — Papst Franziskus und sein mutiger Weg« (2015) sowie die Bildbiografie »Franziskus« (2016). Zuletzt begeisterte Andreas Englisch seine Leser mit dem Bestseller »Mein Rom. Die Geheimnisse der Ewigen Stadt« (2018).

»Englisch ist ein guter Schreiber. In vielen Details breitet der Autor ein pittoreskes, aber auch deprimierendes Bild der kurialen Zustände aus. Höchst interessante Einblicke.«

III

Der Anfang der Revolte

Unmittelbar nach der Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst im Frühjahr 2013 gab es im Vatikan keinerlei Zweifel daran, dass sich einige Kardinäle und Bischöfe gegen den neuen Papst stellen würden. Natürlich wusste niemand, wie viele Kirchenmänner daran beteiligt sein würden, wie stark diese Streitmacht sein würde, ob sie einen Frontalangriff wagen oder ob sie es mit Sabotage versuchen würde. Die Tatsache aber, dass es Bestrebungen irgendeiner Art gab, bestritt in den eingeweihten Kreisen im Vatikan niemand. Der neu gewählte Papst war keineswegs ein stiller Frömmler gewesen, sondern ein Kämpfer, der sich seit Jahrzehnten mit der Hierarchie im Vatikan herumgeschlagen hatte. Zwei entscheidende Schlachten, die der neue Papst einst geschlagen hatte, waren vielen noch in Erinnerung. Dabei hatte es erheblichen Ärger gegeben, der noch immer nachwirkte.

Im Jahr 1992 hatte in Santo Domingo, der Hauptstadt der Dominikanischen Republik, der Lateinamerikanische Bischofsrat (CELAM) getagt. Aus Sicht des damaligen Papstes Johannes Paul II. waren die lateinamerikanischen Bischöfe von Kommunisten unterwandert. Die Theologie der Befreiung mit ihren Forderungen nach einer Umverteilung des ihrer Ansicht nach durch Ausbeutung erwirtschafteten Reichtums in Lateinamerika war für ihn nichts anderes als ein Vorstoß der Kommunisten. Und Karol Wojtyła hasste bekanntermaßen alles, was mit Kommunismus zu tun hatte. Um die Teilnehmer in die Schranken zu weisen und die Konferenz eventuell sogar aufzulösen, entsandte Johannes Paul II. den schlimmsten Scharfrichter, den er hatte, Kurienkardinal Alfonso López Trujillo, nach Santo Domingo. Der sollte dort den Bischöfen Lateinamerikas ihre Befugnisse nehmen und sie enger an Rom binden. Sie sollten auf ihrem eigenen Kontinent in ihren Selbstbestimmungsrechten beschnitten und ihre angeblich sozialistischen und kommunistischen Umtriebe ausgemerzt werden.

Zur Gruppe der Scharfmacher gehörte auch Joseph Ratzinger, damals der Präfekt der Glaubenskongregation. Ihnen gegenüber standen die einflussreichsten Männer des Lateinamerikanischen Bischofsrats, denen es an den Kragen gehen sollte, so der spätere Präsident des Bischofsrats, Óscar Maradiaga aus Honduras, und dessen enger Freund Jorge Mario Bergoglio aus Argentinien. Wie durch ein Wunder misslang die Attacke, weil López Trujillo überraschend erkrankte und an der Konferenz nicht teilnehmen konnte. Diese Auseinandersetzung, im Kirchenjargon »Verpasste Schlacht von Santo Domingo« genannt, hatte dazu geführt, dass vor allem die glühendsten Verehrer von Papst Johannes Paul II. ein energischeres Durchgreifen gegen die rebellischen Bischöfe Lateinamerikas forderten. In der Folge war Bergoglio bei seinen Besuchen in Rom so offen geschnitten oder zusammengefaltet worden, dass er sich häufig weigerte, zum Rapport nach Rom zu kommen. Doch genau die Männer im Vatikan, die ihn damals genüsslich in die Pfanne gehauen hatten, fürchteten ihn jetzt natürlich, und die Mutigeren von ihnen würden wohl versuchen, sein Pontifikat abzukürzen.

Der zweite große Knall kam 2006. Der brasilianische Kardinal Cláudio Hummes wurde im selben Jahr von Papst Benedikt XVI. zum Präfekten der Kongregation für den Klerus und damit zum Chef aller Priester ernannt. Noch bevor er seinen neuen Job in Rom antrat, erklärte er gegenüber Zeitungen, dass die Ehelosigkeit der Priester, der Zölibat, durchaus abgeschafft werden könnte, weil das kein Gesetz Gottes, sondern nur eine Regel sei. Kaum in Rom angekommen, stauchte Papst Benedikt XVI. Kardinal Hummes zusammen. Hummes galt im Vatikan als unfähig. Wie hatte der Chef des Klerus den Zölibat auch nur in Zweifel ziehen können, wo er hätte wissen müssen, dass sein Vorgesetzter, Papst Benedikt XVI., unbedingt daran festhalten wollte?

Ausgerechnet diesem Kardinal Hummes erwies Papst Franziskus den maximalen Beweis seiner Wertschätzung. Er holte ihn unmittelbar nach seiner Wahl zu sich auf den Balkon des Petersdoms, als er sich zum ersten Mal der Menge zeigte. Für viele im Vatikan bedeutete das einen gewaltigen Schock. Der neue Papst war offensichtlich eng befreundet mit dem Mann, den sie einst gedemütigt und fertiggemacht hatten. Auf Dankbarkeit oder Wohlwollen des neuen Papstes konnten sie jetzt nicht hoffen. Sie mussten damit rechnen, dass Franziskus sie angesichts ihrer Attacken auf Cláudio Hummes für ungeeignet halten würde, was sie und ihre Seilschaften den Job im Vatikan kosten konnte. Aber natürlich nur dann, wenn der Papst lange genug regierte, um die gesamte Kirchenregierung umbauen zu können, und er nicht wegen irgendeiner Intrige zurücktreten musste.

Es gab also mindestens zwei Gruppen, die ein starkes Interesse daran hatten, dass der Papst so rasch wie möglich sein Amt aufgab. Wer die übrigen Feinde von Papst Franziskus sein könnten, ließ sich nicht so einfach ausmachen. Jorge Mario Bergoglio passt in keine Schublade.

Er hatte sich als Hochschullehrer geweigert, die Theologie der Befreiung zu lehren, was in der Logik der Kirche als »rechts« galt. Gleichzeitig hatte er sich aber immer für die Ärmsten der Armen engagiert und Priester angewiesen, in Garagen bei den Armen die Messe zu lesen, was innerhalb der Kirche wiederum als äußerst »links« galt. Was war er denn nun? Im rechten Spektrum hatte Bergoglio durchaus Anhänger, die es ihm hoch anrechneten, dass er wegen seiner antikommunistischen Haltung von den linken Ideologen in seinem Orden hart abgestraft worden war. Aber auch im linken Spektrum hatte er seine Gefolgschaft, die sein persönliches Engagement in den Slums Argentiniens bewunderte.

Es gab nur sehr wenige klare Feinde des neuen Papstes. Zu ihnen gehörte vor allem die in Lateinamerika stark vertretene Personalprälatur Opus Dei, die Vorbehalte gegen Bergoglio hegte. Ich beschaffte mir einen Termin beim Sekretär eines der erbittertsten Gegner des neuen Papstes, der seit der Konferenz in Santo Domingo gegen ihn gewesen war und gleichzeitig auch Hummes attackiert hatte. Es gibt im Vatikan nur zwei Arten von Sekretären, die einem Kardinal oder einem Bischof dienen. Die einen schätzen ihren Chef und kommen gut mit ihm zurecht. Oft entsteht daraus eine enge Freundschaft, manchmal wegen des Altersunterschieds auch eine Art Vater-Sohn-Verhältnis. Die zweite Art von Sekretären verabscheut ihren Chef oder hasst ihn gar abgrundtief. In manchen kirchlichen Würdenträgern entsteht durch ihre Erhebung zum Bischof oder Kardinal ein Gefühl der Überlegenheit, was zu Überheblichkeit führen kann und das Zusammenleben und -arbeiten äußerst schwierig macht.

Einer der klassischen Konflikte zwischen Sekretär und Chef ist das Dauerthema Buch. Kirchliche Würdenträger wollen gehört werden, sie wünschen sich, dass ihre Ideen, welche die Basis ihrer Predigten und Ansprachen bilden, ein möglichst großes Publikum finden, kurz: Sie wollen Bücher schreiben. Leider kommt es häufig vor, dass der ein oder andere kirchliche Würdenträger sein Talent zum Schreiben überschätzt und nicht verstehen kann, dass seine Ausführungen wie etwa über die Konflikte des Athanasius von Alexandria niemanden wirklich interessieren. Der Würdenträger zwingt dann seinen Sekretär, seine Schriften wie sauer Bier bei Verlagen anzubieten. Selbst wenn eine Publikation gelingt, ist der Würdenträger meist maßlos enttäuscht, wenn sich herausstellt, dass sein Werk nur in einer winzigen Auflage gedruckt wird.

Die nächste Pein für den Sekretär besteht darin, dass die Eitelkeit des Würdenträgers erst dann befriedigt ist, wenn sein Buch in mehrere Sprachen übersetzt wurde. So muss der Sekretär Dutzende Verlage abklappern, die Fähigkeiten seines Chefs anpreisen, an die er selbst nicht glaubt, und sich immer wieder anhören, dass das, was sein kirchlicher Boss geschrieben hat, von keinerlei Interesse ist. Diese Tatsache aber, also die Wahrheit, kann der Sekretär seinem Chef natürlich nicht zumuten, also muss er ihm schonend beibringen, dass man sein Werk schnöde und unverständlicherweise verschmäht. Das alles endet in der Regel damit, dass der kirchliche Würdenträger fest davon überzeugt ist, dass sein Sekretär nicht geschickt und hartnäckig genug versucht hat, sein bedeutendes Werk unterzubringen, was zu einer ständigen Verstimmung und nachhaltigen Vergiftung des Verhältnisses führt.

Der Sekretär, mit dem ich mich im Herbst des Jahres 2013 traf, wurde von genau so einem Chef bereits seit Jahren getriezt.

Ich lud ihn in eine Kaffeebar ein, und er grinste mich an, sobald wir saßen.

»Es wundert mich nicht wirklich, dass du kommst.«

»Wieso?«, fragte ich.

»Wieso wohl. Mein Chef hasst Bergoglio, und das weißt du ganz genau.«

»Und jetzt?«, fragte ich. »Was wird er jetzt machen?«

»Gute Frage«, sagte er. »Vielleicht duckt er sich einfach weg und hofft auf ein kurzes Pontifikat oder …«

»Oder er beteiligt sich an dem Versuch, den Papst zu stürzen.«

»Könnte sein. Ich habe auch schon gehört, dass es organisierten Widerstand gegen den Papst geben soll.«

»Und gibt es den?«

»Keine Ahnung. Aber nach all den Kübeln Unrat, die mein Chef über Kardinal Bergoglio vor seiner Wahl zum Papst ausgekippt hat, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass alles weitergeht wie bisher.«

»Der neue Papst wird seinen alten Feinden verzeihen.«

»Aber mein Chef wird ihm nicht verzeihen, dass er zum Papst gewählt wurde.«

»Glaubst du, dass sich bereits etwas tut?«

Diese Frage ist im...

Erscheint lt. Verlag 5.10.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Benedikt XVI. • Homosexualität • Kardinal • Kurie • Missbrauch • Ökumene • Papst Franziskus • Priester • Zölibat
ISBN-10 3-641-23525-1 / 3641235251
ISBN-13 978-3-641-23525-3 / 9783641235253
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