Psychologische Beratung und Coaching -  Fabian Grolimund

Psychologische Beratung und Coaching (eBook)

Lehr- und Praxisbuch für Einsteiger
eBook Download: EPUB
2024 | 3. Auflage
376 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-76274-6 (ISBN)
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Der direkte Weg zur erfolgreichen Beratung: Worauf es wirklich ankommt! Die Beratungssituation unterscheidet sich deutlich von therapeutischen Settings: Insgesamt haben Klienten, die eine Beratung aufsuchen, konkretere und spezifischere Probleme ohne Krankheitswert. Sie erwarten von Beratenden, dass sie ihr Fachwissen einsetzen, fehlende Informationen liefern, Wege aufzeigen und ihnen dabei helfen, schwierige Entscheidungen zu treffen oder mit bestimmten Situationen besser zurechtzukommen. Dieses Handbuch vermittelt Ihnen alle grundlegenden und weiterführenden Kompetenzen zur Durchführung eines professionellen Beratungsgesprächs. Das Konzept dieses Buchs entstand an der Universität Fribourg (CH), wo der Autor als Dozent zur Psychologischen Beratung lehrte. Fabian Grolimund führt in anschaulicher Weise und mit vielen Beispielen sowie praktischen Übungen durch die sechs Phasen jeder Beratung: - Erstkontakt - Beziehungsaufbau - Zielanalyse - Problemanalyse - Lösungsentwicklung - AbschlussFür die 3. Auflage wurde der Text aktualisiert.

|17|Beratung – ein Definitionsversuch


Bevor wir uns mit Theorie und Praxis der Beratung auseinandersetzen, möchte ich versuchen, Beratung und Therapie voneinander abzugrenzen und eine Arbeitsdefinition zu finden, die uns im Weiteren als Grundlage dient.

Die Frage, ob und inwiefern sich Beratung und Therapie unterscheiden, ist nicht eindeutig zu beantworten. In der Literatur (vgl. Perrez & Baumann, 2011; Cooper, 2010; Winiarski, 2004; Bamberger, 2022) lassen sich verschiedene Positionen ausmachen:

  • Beratung und Therapie sind unterschiedliche Begriffe, meinen jedoch dasselbe.

  • Beratung und Therapie sind unterschiedliche Konzepte, die sich klar voneinander abgrenzen lassen.

  • |18|Psychotherapie ist eine Teilmenge von Beratung.

  • Beratung und Therapie sind überlappende Konzepte.

  • Beratung lässt sich als „kleine Psychotherapie“ beschreiben.

Einige Autoren, insbesondere Vertreter der lösungsorientierten Beratung (Bamberger, 2022; Shazer, 2022), aber auch einige Therapieforscher (z. B. Cooper, 2010), verwenden die Begriffe synonym. Einige Autoren sprechen sich für den Begriff Beratung aus, da dieser weniger stigmatisierend, für Klienten nicht mit Begriffen wie „psychische Störung“ oder „Krankheit“ assoziiert und deshalb niederschwelliger sei. Die Begriffswahl erfolgt nicht aufgrund der Begriffsdefinition, sondern aufgrund der Bedeutung, die potenzielle Klientinnen und Klienten mit den jeweiligen Begriffen verknüpfen.

Andere (z. B. Boeger, 2018; Perrez & Baumann, 2011; Winiarski, 2004) versuchen Beratung und Therapie aufgrund verschiedener Unterscheidungsmerkmale voneinander abzugrenzen. Wichtigstes Kriterium ist dabei der „Krankheitswert“ bzw. das Ausmaß und die Intensität des Problems.

|19|Diese Unterscheidung gewinnt mit der Einführung der Psychotherapeutengesetze in Deutschland, Österreich und der Schweiz zunehmend an Bedeutung. Psychotherapie wird damit ein geschützter Begriff, und die Behandlungskosten werden von den Krankenkassen übernommen.

Damit in diesem engeren Sinne von Psychotherapie gesprochen werden kann und die Kostenübernahme möglich ist, muss das Problem des Klienten die Kriterien einer psychischen Störung nach den Diagnosesystemen ICD oder DSM erfüllen, und die Therapie muss von einer Psychiaterin oder einem Psychologen mit einem Fachtitel in Psychotherapie durchgeführt werden.

Beratung wäre demnach bei Problemen angezeigt, die nicht klinischen Ausmaßes sind, und kann von Personen durchgeführt werden, die anderweitig qualifiziert sind: von Psychologen ohne entsprechende Weiterbildung in Psychotherapie, von Seelsorgerinnen, Mediatoren, Vertrauenslehrkräften, Allgemeinärztinnen, Sozialarbeitern, Pädagogen et cetera.

Wird Beratung in diesem Sinne von Therapie abgegrenzt, ergeben sich einige Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Gemeinsamkeiten zwischen Therapie und Beratung


In Beratung und Therapie wird ein Mensch im Rahmen einer helfenden Beziehung bei der Lösung eines Problems begleitet und unterstützt. Dabei bedienen sich sowohl Therapeutinnen als auch Berater psychologischer Mittel wie Methoden der Gesprächsführung, Übungen, Rollenspiele et cetera.

Um Unterstützung in dieser Form leisten zu können, müssen Therapeuten wie auch Beraterinnen über Kompetenzen in der Gesprächsführung und in der Anwendung weiterer psychologischer Mittel verfügen. Des Weiteren sollten beide Berufsgruppen in der Lage sein, einen Veränderungsprozess zu initiieren, eine hilfreiche Beziehung aufzubauen, Ziele zu vereinbaren, Probleme zu analysieren und Klienten bei der Umsetzung von Lösungsversuchen zu begleiten.

Neben diesen wichtigen Gemeinsamkeiten sind einige Unterschiede erkennbar.

|20|Unterschiede zwischen Therapie und Beratung


Um Klienten mit psychischen Störungen behandeln zu können, müssen Therapeuten über fundierte Kenntnisse in diesem Bereich verfügen. Sie müssen wissen, wie sich Störungen klassifizieren, diagnostizieren und erfolgreich behandeln lassen.

Berater benötigen diese Kenntnisse nicht; sie sollten jedoch in der Lage sein, psychische Störungen zu erkennen und Klienten an geeignete Stellen weiterzuverweisen.

Von Beraterinnen wird im Unterschied zu Therapeuten jedoch in den meisten Fällen erwartet, dass sie über Wissen, Kompetenzen und Erfahrungen in einem bestimmten Fachgebiet oder Problembereich verfügen. Viele Berater spezialisieren sich auf eine Thematik und wählen eine entsprechende Berufsbezeichnung: Sie arbeiten als Berufs-, Erziehungs-, Mobbing-, Schulden-, Unternehmens-, Lern-, Ehe- oder Ernährungsberater.

Grenzen wir Beratung in dieser Weise von Psychotherapie ab, unterscheiden sich auch die Klienten, die Beratung in Anspruch nehmen, hinsichtlich mehrerer Merkmale von Klientinnen oder Patienten, die eine Therapie aufsuchen.

Unterschiede zwischen Beratungs- und Therapie-Klienten


Beratungs-Klienten weisen im Allgemeinen einen geringeren Leidensdruck auf, sind in ihrer Lebensführung weniger eingeschränkt und erwarten zumeist eine punktuelle Hilfe bei klar definierten Problemstellungen. Sie erwarten von Beratenden, dass sie ihr Fachwissen einsetzen, fehlende Informationen vermitteln, Wege aufzeigen und ihnen dabei helfen, schwierige Entscheidungen zu treffen oder mit bestimmten Situationen besser zurechtzukommen.

Therapie-Klientinnen, die eine psychische Störung aufweisen, sind in ihrer Lebensführung meist deutlich eingeschränkt. Die Probleme sind zu Beginn oft diffus, werden von den Betroffenen als sehr belastend wahrgenommen und führen zu Hilflosigkeit und starkem Leidensdruck. Im Unterschied zur Beratung ist oft ein länger dauernder Prozess notwendig, der tiefgreifende Veränderungen im Erleben und Verhalten und manchmal gar in der Persönlichkeit der Klienten zur Folge hat.

Ist es für Psychotherapeutinnen oft schwierig, mit dem Leiden und der Verzweiflung ihrer Klienten umzugehen, hartnäckiges Problemverhalten zu verändern, eine gute Beziehung zu „schwierigen Klienten“ aufzubauen oder Hilfesu|21|chenden, die bereits seit Jahren an einer Störung leiden, neue Perspektiven zu vermitteln, stehen Berater vor anderen Herausforderungen. Sie sehen sich oft unter Zeitdruck und müssen daher in der Lage sein, schnell eine ausreichend gute Beziehung zu rasch wechselnden Klientinnen aufzubauen, Probleme aufgrund einer geringen Informationsbasis einzuschätzen und binnen weniger Sitzungen Veränderungsprozesse zu initiieren. Ihre Klienten sind aufgrund des geringeren Leidensdrucks teilweise weniger motiviert. Menschen, die ihre Beratung selbst bezahlen müssen, erwarten zudem einen entsprechenden Nutzen für ihr Geld und lösen bei vielen Beratenden das Gefühl aus, in jeder Sitzung „etwas bieten“ zu müssen.

Klienten, die eine Beratung aufsuchen, unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Wünsche von Therapie-Patienten. Erhoffen sich Letztere von der Therapie in vielen Fällen zunächst die Beseitigung der Störung („nicht mehr depressiv sein“, „diese Angst loswerden“, „dem Zwang nicht mehr nachgeben müssen“), möchten Menschen in einer Beratung häufig neue Kompetenzen erwerben („schneller lernen können“, „wissen, wie man sich bewirbt“), mit schwierigen Situationen besser zurechtkommen („mich bei der Arbeit besser abgrenzen können“) oder Entscheidungen treffen („herausfinden, ob diese Aufgabe für mich die richtige ist“, „wissen, ob ich mit meinem Partner zusammenbleiben soll“).

Zusammenfassend könnte man Beratung somit als professionelle Begleitung einer Klientin oder eines Klienten bei der Lösung eines eher konkreten und umgrenzten Problems ohne Krankheitswert definieren.

Diese Definition lässt sich auch auf Coaching übertragen, weshalb Beratung und Coaching in diesem Buch als Synonyme behandelt werden.

Ursprünglich war mit...

Erscheint lt. Verlag 22.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
ISBN-10 3-456-76274-7 / 3456762747
ISBN-13 978-3-456-76274-6 / 9783456762746
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