Die Vermessung des Lebens (eBook)

Wie wir mit Systembiologie erstmals unseren Körper ganzheitlich begreifen - und Krankheiten verhindern, bevor sie entstehen

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
336 Seiten
Deutsche Verlags-Anstalt
978-3-641-24941-0 (ISBN)

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Die Vermessung des Lebens -  Peter Spork
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Das Ende aller Krankheiten? Wie die neue Wissenschaft der Systembiologie uns hilft, gesund zu bleiben
Weltweit forschen Wissenschaftler mit Hochdruck daran, den menschlichen Körper ganzheitlich zu verstehen, von der kleinsten Zelle bis zum gesamten Organismus, von der Psyche bis zum Umwelteinfluss. Mit moderner Technik und neuen Algorithmen entschlüsseln Systembiologen die unfassbar vielen Stoffwechselvorgänge und Verhaltensmuster, die unsere Existenz ausmachen. Ihre Erkenntnisse wachsen täglich - und werden die Medizin revolutionieren. Je besser wir wissen, wie Krankheiten entstehen, desto eher können wir sie verhindern. In seinem neuen Buch zeigt Bestsellerautor Peter Spork, welche Chancen diese zukunftsweisende Wissenschaft für jeden von uns birgt: Schon bald werden wir in der Lage sein, unsere eigene Gesundheit und Fitness zu steuern, sodass wir besser gegen chronische Krankheiten geschützt sind und das Altern verlangsamen.

Peter Spork, geboren 1965, hat Biologie studiert und wurde im Bereich Neurobiologie/Biokybernetik promoviert. Seit 1991 ist er freiberuflicher Wissenschaftsjournalist (unter anderem für Die Zeit, Geo Wissen, FAZ, NZZ, Süddeutsche Zeitung, bild der wissenschaft) und viel eingeladener Redner bei Firmenkongressen und ärztlichen Fachtagungen. Er hat mehrere populärwissenschaftliche Sachbücher veröffentlicht, darunter der Bestseller »Der zweite Code« (2009), und ist außerdem Autor und Herausgeber des Newsletter Epigenetik.

Einleitung


»Die Rettung hält sich an den kleinen Sprung in der kontinuierlichen Katastrophe.«

Walter Benjamin1

»Gesundheit ist die Fähigkeit, sich anzupassen.«

Georges Canguilhem2

Lernen aus der Coronakrise


Die Krankheiten besiegen, vielleicht sogar das Altern und die quälenden Schmerzen? Wer wollte das nicht? Dieser Wunsch treibt die Wissenschaft seit Menschengedenken an. Er hat sie zu beachtlichen Erfolgen geführt. Und in absehbarer Zeit ist sie vielleicht sogar so weit, die Medizin überflüssig zu machen oder sie durch etwas Besseres zu ersetzen.

Die durchschnittliche Lebenserwartung steigt und steigt, einige gefährliche Infektionskrankheiten – manche bedrohlicher als die aktuelle Plage Covid-19 – sind fast oder ganz ausgerottet, andere dank Impfungen oder Antibiotika harmlos geworden: Pocken, die Pest oder Polio zum Beispiel. Säuglinge müssen kaum noch sterben. Chirurg*innen3 transplantieren lebenswichtige Organe. Die Stamm­zellforschung beginnt, Mini-Organe in Petrischalen zu züch­ten.4 Selbst die ersten einst tödlichen Krebsarten haben ihren Schrecken verloren.

Dennoch scheint die alltägliche Medizin diesen Entwicklungen fast tragisch hinterherzuhinken. Dank moderner Techniken können wir heute das Erbgut lesen, die Arbeit einzelner Zellen auf molekularer Ebene über längere Zeit hinweg aufzeichnen, das Gespräch zwischen Erbe und Umwelt belauschen, unsere Mitbewohner im Darm und auf der Haut analysieren, den Einfluss einer Psycho­therapie auf die Genregulation erfassen. Wir sind dabei, das Leben in seiner Gänze zu vermessen. Das ermöglicht uns, es grundsätzlich zu verstehen und damit auch den Prozess zu begreifen, der unsere Gesundheit ist.

Doch die Medizin ficht all das nicht an. Für sie ist Gesundheit noch immer das Gegenteil von Krankheit. Und Krankheiten definiert sie nach wie vor über wichtige Symptome oder betroffene Organe. Wer indes immer nur die Krankheit bekämpfen will, ist auf ihre Existenz geradezu angewiesen. Viel besser wäre doch, sich auf die Gesundheit zu konzentrieren. Auch wirtschaftlich werden die meisten Gesundheitssysteme in absehbarer Zeit den aussichtslosen, zu spät ansetzenden Kampf gegen die Krankheiten nicht mehr bewältigen können. Es wird höchste Zeit, stattdessen in ein Leben in Gesundheit zu investieren.

Die Medizin sollte endlich lernen, sich nicht immer wieder von der Krankheit in die Irre leiten zu lassen, wenn sie doch in Wirklichkeit der Gesundheit auf der Spur ist. Sie muss zur Gesundheitswissenschaft mutieren.

Wie wichtig das ist, zeigt uns überdeutlich die aktuelle Corona-Pandemie. In den großen biomedizinischen Forschungszentren dieser Welt wird fieberhaft nach Mitteln gegen das Virus SARS-CoV-2 gesucht. Bis vor Kurzem hatte die breite Öffentlichkeit kaum eine Ahnung, was in all den Laboren passiert. Doch die neue Infektionskrankheit wirkt wie ein Brennglas, das unser aller Aufmerksamkeit auf die Wissenschaft fokussiert.

»Wir arbeiten mit Technologien des 21. Jahrhunderts an Krankheitsdefinitionen aus dem 19. und 20. Jahrhundert«, sagt der Pharmakologe Harald Schmidt: »Im Grunde verstehen wir von so gut wie keiner Erkrankung die zugrunde liegenden Mechanismen.«5 Der Professor an der Universität Maastricht ist wie viele andere Pionier*innen auf der ganzen Welt dabei, das zu ändern. Er betrachtet das Geschehen im Körper systemisch – als komplexes Netzwerk. Auf diesem Weg will der Mitherausgeber der Fach­zeitschrift Systems Medicine »Erkrankungen ganz neu definieren«. Ausschlaggebend für die Einordnung als Krankheit sollen nicht mehr ein paar Symptome oder betroffene Organe sein. Stattdessen möchten die Forscher*innen verstehen, was sich innerhalb des biologischen Netzwerks, das der Körper als untrennbares Ganzes bildet, im Krankheitsfall in die falsche Richtung entwickelt.

Die Medizin wäre dann nicht mehr an simplifizierende lineare Monokausalketten gefesselt. Sie konzentrierte sich nicht mehr da­rauf, Symptome von Leiden zu bekämpfen, deren wirkliche Ursache im Dunkeln liegt. Es ginge dieser Medizin darum, Erkrankungen als Zustände in nichtlinear geregelten, biologischen, psychologischen und soziologischen Systemen zu begreifen. Es ginge ihr um die Beziehungen, in denen die unzähligen Elemente eines solch hochkomplexen Netzwerks zueinander stehen. Und es ginge ihr um die Veränderungen dieser Beziehungen über Stunden, Monate und Jahre hinweg.

Das klingt kompliziert. Und ja: Es ist kompliziert. Aber auch hier lernen wir am Beispiel der Coronakrise dazu. Wir alle können plötzlich Exponentialfunktionen lesen. Wir wissen, warum es während der ersten oder auch der zweiten Welle – im exponentiellen Wachstum der Epidemie – so wichtig war, auf die Verdoppelungsrate der gemeldeten Infektionen zu schauen. Wir wissen zudem, warum uns im späten Frühjahr – im linearen Wachstum – vor allem die Reproduktionszahl R interessierte und im Sommer 2020 – als es  kaum noch Infizierte gab – die bloße Zahl der Neuinfektionen. Wir haben begriffen, welch epidemiologisch, gesundheitspolitisch und biomedizinisch wichtige Botschaft sich hinter dem Hashtag #FlattenTheCurve verbirgt. Wir haben verstanden, dass räumliche Isolation Sinn macht. Wir haben gelernt, Abstand voneinander zu halten, regelmäßig zu lüften, Hände zwanzig Sekunden lang zu ­waschen und Mund-Nasen-Bedeckungen zu tragen, vor allem auch, weil wir Risikogruppen schützen wollen.

Noch niemals zuvor dürften so viele Menschen zur gleichen Zeit das Gleiche getan – oder manchmal auch nicht getan – haben, ­alleine im Interesse der Krankheitsprävention, als während der Corona­krise in den Jahren 2020 und 2021. Man stelle sich nur vor, wir ließen mit der gleichen Sorgfalt auch gemeinschaftlich das Rauchen, Saufen und Zu-Früh-Aufstehen sein.

Eine Wissenschaft, die in Regelsystemen und in Netzwerken denkt, die biologische Prozesse berechnen und in die Zukunft fortschreiben kann, würde uns dabei jedenfalls motivieren und unterstützen. Denn sie kann das Leben und die Gesundheit mithilfe neuer Computertechniken simulieren und zuverlässige Prognosen erstellen, wie beide sich unter bestimmten Vorbedingungen wandeln. Würden wir uns in einem nächsten Schritt an diesen Berechnungen orientieren, um möglichst gesund zu bleiben, wäre das eine echte Präventionsmedizin. Man könnte auch sagen, es wäre eine Gesundheitsmedizin, oder – völlig radikal gedacht –, es wäre im Grunde überhaupt keine Medizin mehr.

Denn diese neue Wissenschaft wüsste Krankheiten zu verhindern, ehe sie überhaupt ausgebrochen sind. Sie wüsste uns zu heilen, bevor wir krank werden. So könnte ein böses kleines Virus ­einen Trend beschleunigen, den die Gesellschaft seit Langem verschläft: Wir müssen uns allmählich verabschieden von einer Medizin, die immer nur Krankheiten bekämpft. Wir sollten stattdessen ein modernes Leben in Gesundheit erschaffen.

Den Gesundheitsprozess lenken


Die Wissenschaft, von deren Zukunft ich hier träume, gibt es schon seit rund hundert Jahren. Ihren Namen hat sie seit einigen Jahrzehnten. Es ist die Systembiologie. Trotzdem ist dieses Buch meines Wissens das erste deutschsprachige und weltweit gesehen eines der ersten allgemeinverständlichen Bücher über Systembiologie. Ich werde Ihnen darin vorstellen, was Systembiologie genau ist, wie sie funktioniert und wie wir alle davon profitieren können. Ich werde darin aber auch das Ende der Medizin, wie wir sie heute kennen, in Aussicht stellen. Aber das ist kein Grund, sich zu ängstigen. Im Gegenteil: Ich werde Ihren Mut wecken, sich auf ein besseres Leben einzulassen, auf ein Leben in Gesundheit, auf die Gesundheit der Zukunft, auf das Zeitalter der Systembiologie.

Um die Komplexität des Lebens zu durchdringen, bedient sich die Systembiologie der Mathematik. Mit ihrer Hilfe kann sie biologische Prozesse berechnen, Prognosen erstellen und die Gesundheit bereits zu einem Zeitpunkt gezielt unterstützen, zu dem noch keine Beeinträchtigung erkennbar ist. Wie gut dieser Ansatz funktioniert, wissen wir längst. Systembiolog*innen bringen die medizinische Forschung und die Gesundheitswissenschaften schon seit Jahren voran. Sie helfen dabei, Gesundheit, Krankheit und das Altern immer besser zu verstehen. Die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie Covid-19 ist nicht zuletzt dank der Systembiologie so gut verstanden.

Verglichen mit den komplexen, meist schleichend verlaufenden, massenhaft auftretenden Volks- und Altersleiden oder all den psychischen Krankheiten sind Infektionen jedoch regelrecht simpel und sehr gut erforscht. Deshalb beugen wir ihnen auch oft effektiv vor, indem wir unsere Biologie systemisch verändern. Mit Impfungen regen wir das Immunsystem an, passende Antikörper zu bilden. Auch im Kampf gegen das neue Coronavirus wird das ein wichtiger Teil der Lösung sein. Die ganze Welt hofft zur Zeit auf nichts sehnlicher als auf genügend Corona-Impfstoff. Seit Dezember 2020 ist die erste Substanz bei uns zugelassen, womöglich gehören Sie sogar zu den ersten Menschen, die geimpft worden sind. Früher oder später wird uns die Impfung hoffentlich aus der Umklammerung der Pandemie befreien.

Trotzdem macht die Aussicht auf eine Vormachtstellung der Wissenschaft vielen Menschen Angst. Biomedizinische Forschung braucht immer mehr Daten. Sie ist regelrecht süchtig nach Daten. Sie liest genetische und epigenetische Codes von möglichst...

Erscheint lt. Verlag 29.3.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Algorithmen • Altern • Biologie • Corona • Corona Buch • eBooks • Gesunder Lebensstil • Gesundheitsbewusstsein • Gesundheitsrevolution • Krankheiten • Krankheiten erkennen • Molekularbiologie • Prävention • Systembiologie Begriff • Wissenschaftsbuch des Jahres • Zukunftsmedizin
ISBN-10 3-641-24941-4 / 3641249414
ISBN-13 978-3-641-24941-0 / 9783641249410
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